Techniken

Während die Industrie über Forschungslabors verfügt, ist die nichtindustrielle Keramik auf sich selbst gestellt. Noch in den vorigen Generationen konnte sie von den Ergebnissen der industriellen Forschung profitieren. Inzwischen sind die technischen Anforderungen an die künstlerische Keramik so differenziert geworden, dass sie von der industriellen Forschung nicht mehr befriedigt werden können. Der einzelne Keramiker hat auch nicht die Zeit, sich mit Forschungen zu befassen, die der Allgemeinheit dienen könnten. Um diesen Nachteilen abzuhelfen, wurde 1984 das „Versuchs- und Testlabor für nichtindustrielle Keramik“ in Berlin gegründet, das 1994 in „Innovationszentrum“ umbenannt wurde. Die Ergebnisse:
- 16,7 Millionen Farbnuancen Das Computerprogramm Adobe PhotoShop läßt sich für die Keramik verwenden, wenn man den Druckfarben entsprechende Farbkörpermischungen herstellt, deren prozentuale Verteilung man für die gewünschte Farbe vom Bildschirm abliest. Das PhotoShop-Programm kann bis zu 16,7 Millionen Farbnuancen aus den drei Grundfarben Rot, Grün, Blau (RGB-Modus) erzeugen. Diese müssen den Druckfarben Cyan, Yellow, Magenta und Black (CYMK-Modus) angepasst werden. Der gelbe Farbkörper von Cerdec (Nr. 239416) entspricht Yellow, der schwarze (Nr. 249137) Black, während Cyan (Blau) und Magenta (Rot) erst durch Farbkörpermischungen erreicht werden können. Dazu eignen sich für Cyan eine Mischung aus 73% Türkisblau (Nr. 229482) und 27% Kobaltblau (Nr. 229484) und für Magenta aus 46% Intensivrot (Nr. 279496) und 54% Lila (Nr. 289071). Man muss dann, wenn auf dem Bildschirm die Prozentwerte für CMYK angezeigt werden, für C und M diese Farbkörpermischungen nehmen. Man kann sich diese zurechtlegen, um nicht immer rechnen zu müssen.
Hat man das Adobe-PhotoShop-Programm geladen, klickt man in der oberen Leiste auf dem Bildschirm das Menü „Fenster“ und das Untermenü „Farbfelder zeigen“ an. Es erscheint ein Feld mit 122 Farbfeldern. Aus diesen Feldern wählt man nun eine Farbe aus, die daraufhin in der Toolbox als Vordergrundfarbe erscheint. Klickt man sie an, erscheint das große Feld „Farbwähler“ mit der aktuellen Vordergrundfarbe im kleinen hochgestellten Rechteck neben der „Regenbogenleiste“. Danach kann man die Feinabstimmung im großen Farbfeld vornehmen. Der Computer zeigt dann die Mischung C:M:Y:K in Prozenten an. Man braucht jetzt nur den nötigen Farbkörperzusatz (gewöhnlich 5%) zur farblosen Glasur in der am Bildschirm angezeigten Prozentmischung einzusetzen, um die gewünschte Farbglasur zu erzielen. - Bilder vom Computer auf die Keramik
Das aufwendige Verfahren, Siebdrucke im Umdruckverfahren auf die Keramik aufzubringen, lässt sich vereinfachen und erheblich erweitern, indem man Bilder vom Bildschirm über Abziehbilderpapier auf die Keramik aufbringt. Es wird also erst auf eine andere Unterlage gedruckt und der Druck von dort auf die Keramik übertragen.
Mit einem gewöhnlichen Tintenstrahldrucker lassen sich einfarbige Bilder, Zeichnungen und Schriften vom Bildschirm auf handelsübliches Abziehbilderpapier übertragen und aufbrennen. Für Schwarz ist die Voraussetzung ein eisenoxidhaltiger Toner. Man erhält dann ein einfarbiges Bild, das in einem zweiten Brand mit Aufglasurfarben koloriert werden kann.
So hat es Wedgwood im 18.Jahrhundert gemacht, allerdings von geätzten Kupferplatten auf Druckseidenpapier. Das war ein mit Seifenlösung bestrichenes Papier. Er ließ die Konturen in Kobaltblau unter der Glasur aufdrucken und nach dem Glattbrand mit Aufglasurfarben ausmalen.
In unserem Fall füllt man eine schwarze Tonerkassette, aus der schon etwa die Hälfte verbraucht ist, mit Hilfe einer Injektionsspritze mit dem wasserlöslichen Eisen(II)chlorid auf. Für andere Farben können andere wasserlösliche Metallsalze ("Lösungsfarben") verwendet werden: Chloride, Nitrate, Phosphate der Metalle, die man sonst als Oxide kennt.
Bunte Bilder lassen sich mit einem Plotter, der mit Farbnäpfen arbeitet, auf Abziehbilderpapier drucken. Dazu muss man ebenfalls Lösungsfarben verwenden, denn Farbkörper bilden im Wasser nur Suspensionen, keine Lösungen, sondern Teilchen, die nicht durch den Filz der Farbnäpfchen gehen.
In der Industrie werden Mehrfarbentoner mit keramischen Farben verwendet, die aber für den Privatbedarf zu teuer sind.
Man kann in Fotogeschäften für wenig Geld Farbfotos auf Keramik aufbringen lassen. Diese Bilder sind allerdings nicht aufgebrannt, sondern heiß aufgebügelt. Bilder mit Hilfe eines Kopierers auf die Keramik zu bringen, hat Nicole Thoss in der Neuen Keramik, Heft 2 von 2009, Seite 64 bis 66, beschrieben. - Chemische Zaubereien in Glasuren
Das Ziel dieser Versuche war, im chemischen Fachhandel angebotene Kunststoffe auf ihre Eignung für die Keramik zu untersuchen. Die Chemikalien stammten aus den Chemischen Fabriken Zschimmer & Schwarz in Lahnstein/Rhein.
Die Versuche betrafen:-
das Absetzen von Glasuren.
0,5% Zusatz (bezogen auf das trockene Glasurpulver) des Peptapon-9-Pulvers verbesserte diese Eigenschaften wesentlich. -
das Auftragen mit dem Pinsel.
0,3% Peptapon 205 + 33% Decoflux MW2 zur Glasur machen sie so streichfähig, dass man die Pinselstriche nicht sieht. -
das Überglasieren einer glattgebrannten Glasur.
mit 25-35% von Decoflux WB 41 lässt sich eine Glasur in dicker Schicht überglasieren. -
die Grifffestigkeit einer Glasur vor dem Brennen.
1% CMC, das auch den Handelsnamen Optapix KG 50 trägt, machen eine Glasurschicht so grifffest, dass man sie mit dem Pinsel bemalen kann (Inglasur-Malerei bei Fayencen). -
die Verwendung wasserlöslicher Stoffe anstelle von Fritten.
0,3% CMC einer Glasur mit wasserlöslichen Substanzen (Soda, Pottasche, Borsäure, Borax) zugemischt, verhindert das Absaugen dieser Substanzen durch den Scherben. Das war bisher nur mit Fritten möglich. Die Glasur mit dem Zusatz muss mit dem Quirl gründlich durchgemischt werden und 6 Stunden stehen. Dadurch wird infolge der Quellwirkung das Wasser gebunden und widersteht der kapillaren Saugwirkung des Scherbens. Das ist von Bedeutung für Glasuren, die auf diese Substanzen als Flussmittel angewiesen sind. Zum Beispiel eine Glasur aus- 29,1% Soda
- 14,0% Pottasche
- 5,5% Zinkoxid
- 6,8% Kalkspat
- 30,5% Quarz
- 14,1% Borsäure
-
die Verwendung als Aufglasur-Malmittel.
Mit 60 Gew.-% Decoflux, berechnet auf die Farbkörpermenge, kann man mit Aufglasurfarben oder Farbkörpern malen, ohne Öl zu verwenden. Der Kunststoff macht die Farbe so geschmeidig, dass man feine Striche ziehen kann. -
die Verwendung für Aussparungen.
Decoflux A 14 zu 40-50% einer Glasur oder einem Farbkörper zugesetzt, bleibt innerhalb einer darüber aufgetragenen Glasur als Aussparung erhalten. -
die Verwendung in Kristallglasuren.
Mit Peptapon 9 an Stelle von Kaolin lässt sich die Kristallisation fördern, da die Tonerde im Kaolin die Kristallisation behindert. Zum Beispiel bei einer Kristallglasur mit blauen Kristallen auf gelbem Grund aus- 44% Fritte M 1233
- 36% Zinkoxid
- 3% Kalifeldspat
- 4,3% Kalkspat
- 6,7% Quarz
- 7,3% Titandioxid
- +8,1 Nickelkabonat
- +5,3 Peptapon 9
- bei 1050°C.
-
das Absetzen von Glasuren.
- Effektive Mikroorganismen in der Keramik
Der Japaner Teruo Higa („Eine Revolution zur Rettung der Erde“. Xanten: OLV Verlag 2003) schreibt effektiven Mikroorganismen (EM) eine entgiftende Wirkung zu. Er sagt, dass die in den Bakterien enthaltenen Informationen hohen Temperaturen standhalten. Er verweist auf die Bakterienstämme, die in der Erdatmosphäre durch Verbrauch von Kohlendioxid bewirkten, dass die Temperatur unter 100 Grad sank, so dass sich der Dampf in Regen umwandeln konnte. Unter seinen achtzig Bakterienstämmen, die als „EM“ zusammengefasst sind, befinden sich, wie er sagt, solche, die aus jener Zeit überlebten. Sie haben den praktischen Vorteil, dass man sie als Pulver im Handel erhält. Sie werden aus Japan importiert. Wahrscheinlich sind es jene Bakterienschwärme, die im Salzsee bei Salt Lake City in Utah vorkommen und nach Japan exportiert werden.
Setzt man 5% dieses Pulvers der Innenglasur einer Blumenvase zu, bleiben die Blumen erstaunlich lange frisch. 10% der Tonmasse zugesetzt, verleiht dem Wasser, das ,mit dieser gebrannten Keramik in Berührung kommt, eine entgiftende Wirkung. Diese wird – heißt es – durch Auflösung der Verklumpungen („Mikrocluster“) der Wassermoleküle bis herab auf fünf Nanometer große Einzelmoleküle erreicht. Die auf diese Weise vergrößerte spezifische Oberfläche bindet Giftstoffe an sich – eine Erkenntnis, die die alten Griechen schon für die therapeutische Wirkung des auf Lemnos in der Tiefe gestochenen Tones bei Magen-Darm-Erkrankungen ausnutzten. Heute ist es die „Heilerde“. Sie beruht auf der großen spezifischen Oberfläche der Tonminerale.
Eine weitere Wirkung der Effektiven Mikroorganismen ist ihre Eigenschaft als Antioxidantien. Bei der inneren Reduktion von Glasuren kommt es darauf an, die Reduktion vor der Reoxidation zu bewahren. Mit Zusatz von 1% Si im Elektroofen oder 1% SiC im Gasofen kann man ungewöhnliche Farbwirkungen erzielen, wenn man dafür sorgt, dass die Farbe nicht durch Reoxidation beim Abkühlen wieder verschwindet. Das Antioxidanz verhindert die Wiederaufnahme von Luftsauerstoff durch jene Oxide, die gerade erst einen Teil ihres Sauerstoffs an das Silizium oder Siliziumkarbid abgegeben haben. Das Erstaunliche dabei ist, dass das bei hoher Temperatur geschehen kann. Eine kupfergefärbte Glasur wurde bei 1055°C ohne EM-X-Pulver grün, mit dem Pulver rot. Sie hatte die prozentuale Zusammensetzung:- 11,03 Calciumborat
- 5,51 Natriumborat (Nabo)-Fritte
- 48,57 Bleimonosilikatfritte
- 18,29 Natronfeldspat
- 4,86 Kaolin
- 9,78 Quarz
- 0,98 Titandioxid
- 0,98 Zinnoxid
- +0,80 Kupferoxid
- +1,00 Siliziumpulver
- +10,00 EM-X-Pulver.
- Flammenschmelzen
Verwendet wurde das Kartuschen-Lötgerät Roflame Piezo 1800°C von Rothenberger, Kelkheim. Die für das Glasieren von Steinen angegebene Glasur aus 56,6 Soda, 16,0 Kaolin, 27,4 Quarz und 3,0 Lithiumkarbonat, mit 1% Kupferoxid gefärbt, wurde mit dem Glasurkleber CMC auf eine Sandsteinplatte aufgebracht und im Freien der offenen Flamme ausgesetzt. Die Glasur bäumte sich auf und fiel dann tröpfchenförmig zusammen, wobei die dicken Stellen rot wurden, die dünnen schwarz. Je nach der Flammenrichtung ordneten sich die Tröpfchen strahlenförmig an. Das Zusammenziehen der Glasur ist aus der Steinzeugtechnologie bekannt, wenn eine Glasur beim Abkühlen unter 1000°C einer starken Reduktion ausgesetzt wird. Die dabei auftretende Irrisierung war auch beim Flammenschmelzen zu beobachten. Die Glasur haftete nicht auf der Unterlage und wurde deshalb im Elektroofen nachgebrannt. Sie wurde blaufleckig, weil sie an den Tröpfchen dicker war. Sonst war das Ergebnis normal ohne Besonderheiten.
Eine zweite Glasur aus Pottasche, Bleifritte und Zinnoxid war in der Flamme grau, im folgenden Brand im Elektroofen weiß.
Aus alledem ergibt sich:
Die Flamme hat eine reduzierende Wirkung. Ihre Temperatur wird am Kartuschen-Lötgerät zwar mit 1800°C angegeben, doch sie kühlt so weit ab, dass man niedrigschmelzende Glasuren verwenden muss. Diese dürfen aber kein Blei enthalten, denn dieses wird in der Reduktion grau. Der wasserfreie Borax, der schon bei 741°C schmilzt, verhält sich erstaunlicherweise anders als der kristalline (wasserhaltige). Dieser ergab in dünner Lage eine braunrote, körnige Glasur, wobei als Antioxidanz, um das Rot des reduzierten Kupfers zu erhalten, 5% Effektive Mikroorganismen dem Borax beigemischt waren. Hingegen ergab der kalzinierte (wasserfreie) Borax mit dem selben Zusatz in dünner Lage ein mattes Schwarz, darin in dicker Lage rote, schlierige Verdickungen auf schwarzem Grund.
Soda, mit ein wenig Quarzmehl als Glasbildner versetzt, führte zu keinem Ergebnis.
Sandstein hält die Temperaturdifferenz nicht aus, weil er die Wärme nicht weiterleitet. Er reißt in Folge der einseitigen Erhitzung, und die Glasur haftet auf ihm nicht - im Gegensatz zum Brennen im Elektroofen, wo der Sandstein auch nicht reißt. Dagegen eignet sich ein geschrühter Scherben aus rotem Ton für das Flammenschmelzen. Besonders geeignet sind die handelsüblichen „flammfesten“ Massen. In ihnen sorgt das Eisen sowohl für die Wärmeleitung, als auch für das Haften der Glasur, weil es als Flussmittel mit der Glasur reagiert. Wie man flammfeste Massen selbst herstellen kann, ist in dem Aufsatz "Die Aktualität verlorener Erfahrungen" beschrieben.
Die Wärmeleitung lässt sich erhöhen, wenn man ein Metallnetz oder –gitter in den Ton einlegt. Dazu eignet sich Paperclay, weil dieser kaum schwindet und deshalb die Metalleinlagen rissefrei erträgt. Nimmt man ein Metall, das bei der betreffenden Temperatur schmilzt, so reißt es die Oberfläche stellenweise auf und quillt aus dem Ton heraus. Solche Effekte sind sonst auf keine andere Art zu erzielen.
Mit Feuer und Eis malen:
Die reduzierende Flamme erlaubt es, eine glattgeschmolzene Glasur nachzureduzieren. Die beiden oben genannten, im Elektroofen bei 1000°C gebrannten Glasuren wurden anschließend der Flamme ausgesetzt. Die blaufleckige Glasur wurde an der Stelle, wo die Flamme einwirkte, an den dicken Stellen erst rot, dann zog sich das Rot an den Rand dieses Flecks zurück und gab eine hell strahlende blaue Stelle frei, die heller leuchtete als im Elektroofen. An den dünnen Stellen wurde die Glasur dunkelrot.
Um das Rot zu erzielen, muss der Brenner dicht an die Glasur gehalten werden, damit sich nicht zu viel Luft hineinmischt. Man kann also die Reduktionswirkung durch den Brennerabstand steuern. Die zinngetrübte bleihaltige weiße Glasur wurde an diesen Stellen grau, und die Flamme zeichnete craquelierte graue Bahnen in die weißen Glasur. Die Graufärbung der Craquelés ist eine Folge des Bleigehalts. Mit der Flamme ließen sich also dunkelrote, rotumgrenzte blaue und graue Muster in die Glasuren malen.
Die erhitzte Glasur läßt sich auch mit einem Eiswürfel abschrecken, sodass sie dicht craqueliert. Damit läßt sich ein dichtmaschiges Craquelé-Muster in die Glasur malen. Großmaschige Craquelés erhält man durch eine entsprechend eingestellte (alkalireiche) Glasur. Bei bleifreien Glasuren, die nicht in einem Reduktionsmittel nachreduziert werden, müssen die Risse eingefärbt werden, indem man mit einem Filzschreiber darüberstreicht und den Rest von der Glasur abwischt.
Übrigens erhält man eine dichtcraquelierende Glasur auf einem beliebigen Scherben auch im Elektroofen aus- 82% Alkalifritte M 11233
- 9% Lithiumkarbonat
- 9% Kaolin,
ein großes Rissenetzt hingegen aus
- 82% Natriumborat (Nabo)-Fritte
- 9% Zinkborat
- 9% Kaolin.
Diese Glasuren haben so extreme Ausdehnungen (77·10-6) , dass sie auf jedem Ton (im Mittel 70·10-6) gelingen. Sie sind mit Zinn- oder Zirkonoxid (10%) weiß oder mit färbenden Oxiden beliebig färbbar. Mit diesen Glasuren lassen sich also Craquelémuster auch im Elektroofen aufbringen, und man kann durch Mischung der beiden auch die Craquelierung steuern. Das kann auch beim Raku interessant sein.
Die dekorativen Wirkungen sind einmalig und entsprechen dem keramischen Ideal, die Naturkräfte wirken zu lassen.
Der Erste, der Flammen in der bildenden Kunst verwendete, war der Maler Wolfgang Paalen. Er versah eine Leinwand mit Hilfe einer Kerze mit Brand- und Rauchspuren. Er nannte es „fumage“. Später griff Yves Klein (1928-1962) diese Methode der Feuerbilder auf. Damit begannen die Flammen bei Happenings eine Rolle zu spielen. Das war auch bei Michel Moglia der Fall, der als erster Keramiker mit einem sehr aufwendigen großen Gebläsebrenner Tonschilder und tönerne Zielscheiben im Freien brannte. Er drückte den Ton in ein Chrom-Nickel-Drahtgeflecht ein und erhielt durch das stellenweise mehr oder weniger intensive Flammenfeuer ein dekoratives Feuermuster.
Glasuren sind aber auf diese Weise noch nicht verwendet worden. - Fotokeramik
Ähnlich wie beim Übertragen von Bildern vom Drucker auf die Keramik ist es auch bei der Fotokeramik. Das Verfahren, mit dem man z.b.Porträts auf Grabsteine aufbringen kann, was in Russland und Italien verbreitet ist, bedarf einer großen speziellen Erfahrung, die man sich erarbeiten muss, und eines großen Aufwandes. Es ist in Workshop II der Neuen Keramik auf den Seiten 38-44 beschrieben, wo noch weitere Literaturhinweise angegeben sind.
Gewöhnlich lohnt sich aber der große Aufwand nicht, denn man kann jedes beliebige Foto für wenig Geld in bestimmten Fotogeschäften (z.B. in Berlin bei Fix Foto, Kurfürstendamm 213 oder 142, Tel. 030-882 72 67) für 12,95 Euro auf die Keramik aufbringen lassen. Es sind allerdings keine keramischen Farben, sondern bei 160°C aufgebügelte Bilder.
Man kann jedoch mit geringem Aufwand ein Dia nach dem Kolloidgerbungsverfahren kopieren und im Einstaubverfahren mit keramischen Farbkörpern kolorieren. Dazu wird ein Diapositiv in kurzwelligem Licht oder in der Sonne auf eine Schicht aufbelichtet. Dabei werden Kolloide durch das Licht dem Diapositiv entsprechend abgestuft in ihrer Auswaschbarkeit verändert. Die lichtempfindliche Substanz ist als Bichromatgelatine oder nach einem neueren Verfahren (dem Pinatypieverfahren) als Bromsilbergelatine im Handel (z.B. in Berlin beim SiCo Fachhandel, Grunewaldstr.79, Tel. 030-751 27 73) erhältlich. Die Chemischen Fabriken Zschimmer & Schwarz in Lahnstein/Rhein bieten die lichtempfindliche Emulsion Dolavon 45 an. Will man sie selbst herstellen, kann man sie für das Chromatverfahren nach J.B.Obernetter aus folgendem Rezept gewinnen:- 100 g Wasser
- 4 g Dextrin
- 5 g Zucker
- 2 g Ammoniumdichromat (ebenfalls im Handel erhältlich)
- 2-8 Tropfen Glyzerin (je trockener die Luft, desto mehr).
Ein anderes Rezept besteht aus
- 100 g dest. Wasser
- 14 g Gummi arabicum
- 7 g weißem Zucker
- 1,5 g Kaliumbichromat
- 10 g Farbkörper.
Die Schicht wird auf eine erwärmte Glasplatte aufgetragen und im Dunkeln getrocknet.
Bei der Belichtung (3 Minuten im Sonnenlicht oder 30 Minuten oder länger in diffusem Tageslicht) wird das sechswertige Chrom des Chromats zu dreiwertigem reduziert, das die belichtete Schicht gerbt. Die nichtgegerbten Stellen lassen sich in warmem Wasser auswaschen. Die gegerbten sind je nach dem Negativ an einzelnen Stellen mehr oder weniger klebrig, so dass mehr oder weniger Farbkörper daran haftet, wenn man (eventuell auch verschiedene) Farbkörper darüber pudert. Danach wird das eingestaubte Bild mit Kollodium oder einem anderen Transferlack überschichtet und nach dem Trocknen wie eine Haut mit einem Wasserfilm wie bei Schiebebildern seitenverkehrt auf die keramische Unterlage aufgebracht und bei 850°C eingebrannt.
Das auf die glasierte Keramik aufgebrachte Bild kann in der Mikrowelle eingebrannt werden. Im Zusammenhang mit dem Flammenschmelzen ergeben sich neue Möglichkeiten, z.B. Fotos auf einen Natursteinblock aufzuschmelzen und die lichtempfindliche Emulsion Dolavon 45 direkt aufzutragen, ohne über den Umdruck zu gehen. - Glasieren von Steinen
Eruptivgesteine wie der Granit sind aus Quarz- und anderen Kristallen zusammengesetzt, wobei der Quarz bei 500°C beim Aufheizen seine Volumenvergrößerung (Quarzsprung) durchmacht und das Gefüge lockert. Je heller der Stein, desto mehr Quarz enthält er; je dunkler er ist, desto höher kann die Schmelztemperatur der Glasur über 500°C liegen. Hingegen lässt sich ein reiner Kieselstein oder Sandstein gut bei hoher Temperatur glasieren. Bei ihnen macht der Quarz zwar ebenfalls seinen Sprung durch, aber er tut es im Ganzen und lockert nicht den Zusammenhalt der anderen Kristalle. Sandstein verhält sich wie ein geschrühter Ton. Gut geeignet sind auch Basalte; sie enthalten Einsprenglinge von dunklen, magnesium-eisen-haltigen Mineralen, die allesamt allmählich schmelzen, ohne ihr Volumen sprunghaft zu verändern. Über 1200°C bilden Basalte allein schon eine braune Glasur. Sie lassen sich bis 1050°C gut glasieren. Feuerstein enthält feinkristallinen Quarz (Calcedon) und amorphen Opal. Die weiße Oberflächenschicht bildet sich durch Wasserverlust des Opals. Brennt man den Stein, so dringt der Wasserverlust ins Innere vor, und die schwarze Farbe verschwindet. Diese künstliche Verwitterung hat eine Pulverisierung zur Folge. Der Feuerstein zerfällt beim Brennen und eignet sich deshalb nicht zum Glasieren. Während er schon früh zerfällt, zerfallen die Karbonatgesteine (Kalkstein, Dolomit, Marmor, Travertin, Magnesit) erst bei 850-900°C. Man kann sie also bis dahin noch glasieren. Darüber zerfallen sie zu Pulver.
Die Glasuren sind also in den meisten Fällen niedrigschmelzend. Da die Steine kein Wasser ansaugen, lassen sie sich mit wasserlöslichen Flussmitteln (Soda, Pottasche, Borax, Borsäure) zusammensetzen. Aus dem selben Grund müssen sie mit Hilfe eines Glasurklebers (CMC, Optapix oder Tylose) im Versatz aufgeklebt werden. Die niedrige Schmelztemperatur lässt auch Farben zu, die man bei höherer Temperatur nicht erzielen kann, wie das siegellackrote Bleichromat, das Neapelgelb oder das Smaragdgrün – alle mit Blei.
Die am niedrigsten schmelzende Mischung, die gerade noch für einen Granit bei 600°C genommen werden kann, besteht aus- 74,6 Mennige
- 21,7 Borsäure
- 3,7Quarz
- 3,0 Lithiumkarbonat,
gefärbt mit 3% Kobaltoxid für Blau, Kupferoxid für Türkis, Chromoxid für Spinatgrün, 5% Eisenoxid für Braun, 0,5% Manganoxid für Fliederfarbe oder 8% Manganoxid für Schokoladenbraun. Undurchsichtige Farbglasuren erhält man mit 6-10% Farbkörper.Diese Glasur eignet sich für sämtliche Steine. Für Kieselsteine, Sandstein und Basalt eignet sich folgende Glasur für 900°C:
- 90,0 Mennige
- 2,0 Kaolin
- 8,0 Quarz
- 3,0 Zinnoxid
gefärbt mit 3% Chromoxid für Rot, Kupferoxid für Grün, Eisenoxid für Honiggelb. Für Kieselsteine, Quarz und Sandsteine eignet sich die folgende Glasur für 1000°C:
- 56,6 Soda
- 16,0 Kaolin
- 27,4 Quarz
- 3,0 Lithiumkarbonat,
gefärbt mit 1% Kupferoxid für Ägyptischblau, 1% Manganoxid für Manganpurpur. Basalt ist für diese durchsichtige Glasur zu dunkel. Dafür eignet sich die weiße Glasur bei 1000°C aus:
- 18,1 Kalifeldspat
- 6,5 Pottasche
- 2,6 Kalkspat
- 44,9 Bleimonosilikatfritte
- 17,4 Quarz
- 10,3 Zinnoxid.
Sie kann mit 3% Kobaltoxid blau, mit 3% Kupferoxid türkis, mit 3% Chromoxid spinatgrün, mit 5% Eisenoxid braun gefärbt werden. Diese Glasur eignet sich nicht für Karbonatgesteine oder Granite, jedoch für Basalte, Kieselsteine, Sandstein und Quarz. Weiße Glasurtropfen bekommt man ebenfalls bei 1000°C aus :
- 17,15 Kaolin
- 15,56 Talkum
- 34,94 Bleimonosilikatfritte
- 12,70 Quarz
- 2,61 Lithiumkarbonat
- 3,35 Kalkspat
- 2,86 Zinkoxid.
- Glasuren mit innerer Reduktion und effektiven Mikroorganismen
Diese Reduktionsglasuren werden im oxidierenden Feuer im Elektroofen gebrannt und brauchen keine Kapsel. Setzt man der Glasur Siliziumpulver (Si) zu, so will dieses sich zu SiO2 verwandeln, und dazu nimmt es den Oxiden Sauerstoff weg. Die färbenden Oxide geben also Sauerstoff ab, d.h. sie werden reduziert. Aus dem grünfärbenden Kupferoxid CuO2 wird das rotfärbende CuO, aus dem gelbfärbenden Titan(IV)oxid TiO2 das blaufärbende Titan(III)oxid Ti2O3. Ein Problem besteht dabei darin, dass diese Oxide in der sauerstoffreichen Ofenatmosphäre außerhalb der Kapsel wieder Sauerstoff aufnehmen und reoxidieren. Deshalb kann man der Glasur ein Antioxidanz beigemischen. Diese Wirkung haben Effektive Mikroorganismen (EM). Das sind Mikroorganismen, die hohe Temperaturen, wie sie in Vulkanlaven vorkommen, aushalten. Sie haben sich aus geologischen Zeiten erhalten. Die Zusatzmengen sind: 1% Siliziumpulver und 5% EM. Die Glasuren können für beliebige Temperaturen zusammengesetzt werden, z.B. für 1050°C aus:
- 51,40 Calciumborat
- 9,35 Kaolin
- 18,69 Quarz
- 17,76 Alkalifritte M 1233
- 2,80 Lithiumkarbonat
Diese Glasur lässt sich färben und für jede Art von Reduktion verwenden. Mit EM versetzt, ergibt sie eine Glasur für Blumenvasen, in denen die Blumen länger frisch bleiben. Um Reduktionseffekte zu erzielen, färbt man sie mit Kupfer-, Eisen- oder Titanoxid, während Kobaltoxid sich durch Reduktion nicht verändert.
Über die Frage, ob man die innere Reduktion besser mit Siliziumpulver (Si) oder mit Siliziumkarbid (SiC) durchführt, gibt es unterschiedliche Erfahrungen. Gewöhnlich ist Si im Elektroofen günstiger, im Gasofen bildet es Blasen. Umgekehrt verhält sich SiC. Dieses ist günstiger, wenn es eine äußerst feine Korngröße besitzt. Das ist der Fall, wenn es als Schleifstaub gewonnen wird.
Versuche ergaben, dass die innere Reduktion auch die Reduktion in einer reduzierenden Ofenatmophäre unterstützt, was zu der Vermutung Anlass gibt, dass die Chinesen ihren Reduktionsglasuren in den Holzöfen Holzkohle zusetzten – eine Technik, die sie aus der Metallurgie übernommen haben könnten. Zur inneren Reduktion siehe auch unter „Zucker in Glasuren“ und "Effektive Mikroorganismen in der Keramik". - Kaspelbrand im Kochtopf und in der Schamottekapsel
In der Kapsel wird der Sauerstoff zur Verbrennung des kohlenstoffhaltigen Reduktionsmittels (Sägemehl, Sägespäne, Tannennadeln, Tannenzapfen, Maiskolben) von den Schwermetalloxiden in der Glasur abgezogen, weil der Sauerstoff eine größere Affinität zum Kohlenstoff besitzt als zum Schwermetallatom. Das Reduktionsmittel setzt Kohlenstoff oder Kohlenmonoxid schon bei 380°C frei, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Glasur noch nicht reduktionsbereit ist. Der Kohlenstoff will zu Kohlendioxid verbrennen und benötigt dazu Sauerstoff. Dieser muss ihm so lange verwehrt werden, bis die Temperatur so hoch angestiegen ist, dass die Atome im Netzwerk der Glasur beweglich sind, damit der Kohlenstoff den Schwermetallen den Sauerstoff entreißen kann. Das Schwermetalloxid gelangt durch den Sauerstoffentzug in eine niedrigere Oxidationsstufe und verändert dadurch seine Farbe. Aus dem Grün des Kupferoxids wird Rot, aus dem Gelb des Titanoxids Blau, aus dem Rötlichgelben des Eisens wird Seladongrün (was aber auf diesem Wege schwer zu erreichen ist).
Verwendet man einen Edelstahl-Kochtopf als Kapsel im Elektroofen, so ist zu beachten, dass die Standard-Kochtöpfe nur bis 1100°C standhalten. Sie haben einen Sandwichboden, der Aluminium enthält. Der Edelstahl dieser Töpfe hat die Werkstoff-Nummer 1.4301. Bei wiederholtem Gebrauch wird die Deformationsgefahr des Topfes erhöht. Nimmt man an Stelle des Kochtopfs einen Abschnitt eines Edelstahlrohres, den man mit einer Schamottekapsel abdeckt, so kann man auch einen warmfesten Edelstahl wählen, der 1400°C aushält. Eine Schamottekapsel kann man sich aus einem hochschamottierten Steinzeugton auch selbst herstellen, aber man bekommt sie nicht so exakt wie eine gekaufte Kapsel. Man kann sie deshalb nicht so gut abdichten. Formt man die Kapsel jedoch als Haube (wobei sie einen günstigen runden Boden erhalten kann), so kann man sie in eine 5cm hohe Sandschüttung stellen, die sie dicht abschließt. Die Masse soll so viel Schamotte enthalten, dass man sie gerade noch formen kann. Diese Kapsel sollte auch innen mit Borax pur + einer Prise Kupferoxid glasiert werden.
Die Reduktion von Glasuren in der Kapsel ist eine Nachreduktion, d.h. die bereits glasierte und glattgebrannte Keramik wird erneut erhitzt. Dazu muss die Temperatur so hoch sein, dass die Glasur flüssig wird. Diese Transformationstemperatur ist aus dem Glasurenprogramm abzulesen. Gewöhnlich reichen 950°C aus. Zur Reduktion genügt ein Tannenzapfen oder ein Maiskolben, wenn die Kapsel dicht schließt.
Brennt man die Keramik mit Glasur in der Kapsel, ohne die Glasur vorher glattzuschmelzen, so dringt der Kohlenstoff in die Glasurschicht ein und verhindert ihr Ausschmelzen, was aber zu dekorativen schwarzen Mustern führen kann. - Brennen von Keramik in der Mikrowelle
Im Mikrowellenherd wird die Wärme dadurch erzeugt, dass das zu erhitzende Gut die vom Sender ausgestrahlte Mikrowellen-Leistung absorbiert. Dazu ist eine hohe Dielektrizitätskonstante erforderlich. Man spricht von Ankopplung des Gutes mit seinem hohen Dielektrizitätswert an die Mikrowellenbewegung. Um oxidkeramische Werkstoffe zum Sintern zu bringen, müssten sie eine hohe Dielektrizitätskonstante besitzen. Sie beträgt jedoch bei der gewöhnlichen Keramik nur 5-6,7, wogegen das Wasser einen Wert von 80 besitzt und sich deshalb erhitzt und verdampft. Somit kann die Keramik zwar getrocknet, aber nicht ohne weiteres gebrannt werden. Die Dielektrizitätskonstante des Wassers sinkt bei steigender Temperatur bis auf 34 ab, so dass selbst das bei 550°C entweichende Kristallwasser schon nicht mehr an die Wellenbewegung ankoppelt und deshalb keinen Erwärmungsschub mehr bewirkt.
Soll die Keramik gebrannt werden, so gibt es zwei Möglichkeiten:- Man kann der Masse Stoffe von hoher Dielektrizitätskonstante beimischen. Solche Mischungen sind z.B. Massen mit sehr hohem Gehalt an Rutil oder Mischungen von Tonerde mit Titankarbid.
- Man kann auch eine wärmeabstrahlende Wand herstellen, die, als kleine Box zusammengebaut, einen Raum wie ein Elektroofen bildet, in dem die Keramik gebrannt werden kann. Das lässt sich durch Beschichtung von hoch wärmedämmenden Platten mit einem mikrowellen-absorbierenden Stoff, z.B. Siliziumkarbid, erreichen. Stellt man den Herd auf 1000 Watt Leistung ein, so erhält man an dieser Wand in 6 Minuten 1000°C, in 16 Minuten 1300°C (mit Segerkegeln gemessen). Bei 600 Watt erhält man 1000°C in 15 Minuten. Als „Art Box“ benannte handelsübliche runde Deckeldosen aus beschichtetem Fasermaterial arbeiten nach diesem Prinzip. Sie sind zum Aufschmelzen von Abziehbildern bestimmt. Man kann aber auch Porzellanschmuck darin brennen.
Will man sich selbst eine Box aus beschichteten Faserplatten bauen, so muss das Siliziumkarbidpulver sehr fein sein, entsprechend "Fein-Schluff nach DIN 4022 (= 50-100 Tausendstel mm). Diese Feinheit erreich das SiC. das beim Schleifen als Pulver an fällt. Man befestigt es auf der Platte mit der sirupartigen Orthophosphorsäure, die selbst eine Dielektrizitätskonstante von 80 besitzt. Am besten, man versucht die Eignung des vorhandenen Siliziumkarbids erst durch Auftragen auf eine auf Faserwolle liegenden Platte, wobei die Pulverschicht glühen muss. Dabei und auch bei der Art Box ist zu beachten, dass die Faserplatten die Wärmedämmung von 1000 oder noch mehr Grad bis auf Raumtemperatur nicht bewältigen. Man muss die Box über eine Lager Faserwolle auf Schamottefüße stellen und um die Box herum so viel Raum lassen, dass der Ventilator des Herdes die Wärme abführen kann. Mit der Entfernung von der strahlenden Wand nimmt die Wärme stark ab, so dass im Zentrum einer solchen Box die genannten Temperaturen nicht erreicht werden. Man kann aber Aufglasurfarben oder Abziehbilder aufschmelzen.
Da in der Mikrowelle Metalle zum Glühen kommen, kann man die Temperatur nicht mit einem Thermoelement messen, sondern nur mit Segerkegeln. Man kann aber ein glasiertes Gefäß in ein größeres hineinstellen und mit Sägemehl umgeben, in das man einen Löffel oder ein anderes Stück Metall steckt. Der glühende Löffel bringt das Sägemehl zum Brennen, wobei es sich den zur Verbrennung nötigen Sauerstoff aus der Glasur holt und diese reduziert. Im Versuch wurde eine kupferhaltige grüne Glasur an der Stelle, wo der Löffel steckte, rot. - Mit Rauch malen (nacktes Raku)
Das nackte Raku heißt so, weil es nicht glasiert ist. Genauer gesagt ist es nur über einer Schlickerschicht glasiert, die samt der Glasur am Schluss abspringt oder abgeschlagen wird. Sie wird mit einer Glasur versehen, die reißt und dabei die Schlickerschicht mitnimmt, so dass die Risse durch sie hindurchgehen. Daher kann der Rauch in der Nachreduktion bis auf den Scherben durchdringen und sich in seine Poren einlagern.
Der Schwarz-weiß-Kontrast wird erhöht, wenn man die Keramik entweder aus einer Porzellanmasse herstellt oder eine Rakumasse mit einer Porzellanengobe versieht. Man poliert den Scherben und schrüht ihn bei 900°C.
Die Schlickerschicht, die danach aufgetragen wird, besteht aus Kaolin und Quarz und beeinflusst durch ihre Zusammensetzung und durch die Art und Dicke des Auftrags die Rauchmalerei. In Versuchen mit Kaolin: Quarz = 3:2, 1:3 und 1:1 zeigte sich, dass der fette Schlicker mit viel Kaolin beim Trocknen schollenartig reißt. Dadurch ergeben sich in der Nachreduktion schwarze Linien, die diesen großen Rissen folgen. Ein Schlicker mit mehr Quarz lässt sich gleichmäßiger und blasenfrei auftragen. Er springt nach der Nachreduktion leichter vom Scherben ab.
Um der Vermutung nachzugehen, dass sich Punkte infolge von Blasen bilden, wurde der Schlicker auch mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser angemacht. Er bildete beim Auftragen eine Schicht aus zahlreichen Bläschen. Die Keramik wurde schwarz-grau mit silbrigen Punkten, an denen die Glasur zum Scherben durchgedrungen war.
Wird der Schlicker etwa 3mm dick und regelmäßig aufgetragen, so wird das nackte Raku weiß mit wenigen kleineren und größeren diffusen Punkten. Trägt man ihn dünn und regelmäßig etwa 1mm dick auf, erhält man eine dichte Craquelierung. Dick und unregelmäßig aufgekleckster Schlicker ergibt harte schwarz-weiße, sehr dekorative Flecken. In die Glasur eingeritzte Linien bilden sich schwarz ab. So kann man auch Schriftzüge aufbringen.
Die Glasur hat nur die Aufgabe, ein Craquelénetz auf dem polierten Scherben zu bilden. Will man es nicht, braucht man keine Glasur. Man kann eine Zeichnung oder eine Schrift einfach mit einer Stricknadel bis auf den Scherben in die Schlickerschicht einritzen.
Bei unseren Versuchen wurde eine Glasur aus- 58 Fritte M 1233
- 32 Calciumborat
- 10 Kaolin
bei 1000°C verwendet. Daneben wurde die 1:1-Schlickerschicht auch mit der reinen Alkalifritte + CMC als Klebstoff bei 1100°C und ein anderes Mal mit Borax + CMC bei 950°C glasiert. Die Ergebnisse waren in beiden Fällen etwa gleich.
Ob man ein Netz aus kleinen Rissen oder ein großmaschiges erhält, hängt von der Zeitverzögerung zwischen der Entnahme aus dem Ofen und der Nachreduktion ab. Je länger man zögert, desto kleiner und dichter werden die Risse. Mit Hilfe eines Eiswürfels kann man auch mit den Rissen malen.
Manchmal treten nach dem Brennen gelbe Flecken auf. Sie werden von Eisen verursacht (auch wenn die Masse nur 1% Eisenoxid enthalt, brennt sie noch weiß). Dieses Eisen wird von eindringenden Alkalien beim Brennen an die Oberfläche transportiert. Aus der Glasur lösen sich, obwohl sie aus der Fritte stammen, um so mehr Alkalien, je länger die Glasur steht. Das alkalihaltige Wasser dringt um so leichter durch den Schlicker, je quarzreicher er ist. Die Alkalilauge hat bei der Verbrennung einen hohen Dampfdruck, der den Atmosphäredruck im Brennraum übersteigt. Deshalb drängt es nach oben und reißt dabei das Eisen mit sich. Abhilfe kann man allein schon dadurch erreichen, dass man Schlicker und Glasur gleich hintereinander nass aufträgt. Dann gelangt erst das alkalifreie Wasser in den Scherben und verstopft dessen Poren, so dass die Alkalilauge nicht mehr eindringen kann. - Neues über Kristallglasuren
Die Kristallisation in Glasuren ist ein faszinierendes Forschungsgebiet, dessen Ende nicht abzusehen ist. In erster Linie ist es der Einfluss verschiedener Chemikalien, dann aber auch der Einfluss der Brennweise, und schließlich rufen die optischen Phänomene der Färbung oder die Scheinfarbigkeit, bei feinen Kristallnadeln schillernde Farbenspiele und irrisierende Lichteffekte hervor.
Kristallglasuren werden mit Hilfe von Titandioxid, das keimbildungsfreudig ist, und Zinkoxid hergestellt, das die Kristallwachstumsgeschwindigkeit fördert. Die Kristallkeimbildung erfolgt bei niedrigerer Temperatur als das Kristallwachstum. Ein zu hoher Brand ist für die Kristallisation ungünstig, weil Zink von der Oberfläche, wo es angereichert ist, verdampft.
Es bilden sich beim Abkühlen strahlenförmige Zink-Kristalle (Willemit-Nadeln 2ZnO·SiO2), die einem Zentrum zustreben und die sich beim Wiedererhitzen und Abkühlen in ringförmige Kristalle umwandeln. Zur Färbung wurde eine Zink-Kristallglasur im Rohzustand mit Metallsalzlösungen (Manganchlorid, Nickelazetat, Eisenchlorid) übersprüht. Die Glasur hatte die Zusammensetzung (Segerformel)- 0,2 K2O
- 1,7 SiO2
- 0,1 BaO
- 07 ZnO
mit dem Versatz
- 13,39 Pottasche
- 9,56 Bariumkarbonat
- 27,59 Zinkoxid
- 49,46 Quarz.
In Zink-Titan-Kristallglasuren sind die Strahlen der Kristalle breiter und besitzen kein solches Zentrum. Zum Ende zu sind diese Willemit-Nadeln faserig aufgefächert. Das kann als Einfluss des Rutils gedeutet werden, der tröpfchenförmig zwischen den Fasern kristallisiert. Die Tröpfchen bilden Grenzflächen, die beim Abkühlen ähnlich zur Kristallisation neigen, wie es von Fremdkeimen bekannt ist.
Reine Titan-Kristallglasuren ohne Zink bilden wirrstrahlige Nadelnester. - Neues vom Paperclay
Vor allem ist vor den giftigen Gasen zu warnen, die beim Brennen von Paperclay aus dem Ofen austreten. Bis 500°C bestehen die Verbrennungsprodukte aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, die verschiedene hochgiftige zyklische Verbindungen miteinander eingehen. Man merkt das am Gestank beim Brennen. Ist also Paperclay im Ofen, sollten nicht nur Fenster und Türen geöffnet werden, sondern man sollte sich in dieser Zeit nicht in dem Raum aufhalten.
In Versuchen wurde festgestellt:-
Bei einem wenig plastischen, mageren Ton oder Porzellan genügen 7,5 Gewichtsprozent Fasern auf 100 Tonpulver, bei einem plastischen oder roten Ton 10%. Man kann auch volumenmäßig vorgehen: 1 Liter gestopfte trockene Faser wiegt 86-90 Gramm. Da die Zellulosefasern quellen, ist die Trocknungsdauer länger als bei faserfreien Tonen. Die Festigkeit nach dem Verschrühen ist gering, was die Verwendung von Paperclay für Raku einschränkt, aber das Einbrandverfahren geradezu erfordert.
Illitischer Ton ergibt den besten Paperclay; der Flussmittelgehalt des Illits erhöht die Festigkeit nach dem Brennen am stärksten. Das trifft schon bei 1000°C zu. Bei dieser Temperatur lag die Festigkeit des illitischen Scherbens um 30% über der eines kaolinitischen und 85% über einem Magertonscherben. Die höchste Scherbenfestigkeit erreicht ein Paperclay-Porzellanscherben. Sie ist sehr viel höher als die des faserfreien Porzellans. - Trocken- und Brennschwindung sind wesentlich geringer als bei einer faserfreien Masse. Trotzdem ist die Rohbruchfestigkeit höher. Das widerspricht den bisherigen Erfahrungen über den Zusammenhang zwischen Schwindung und Festigkeit und ist auf die Überbrückung der Tonminrale durch die Fasern zurückzuführen.
- Getrocknete Platten lassen sich wie eine Schreinerarbeit mit Paperclayschlicker verkleben.
- Risse getrockneter oder gebrannter Keramik kann man mit Paperclay ausfüllen und noch mal brennen. Infolge seiner geringen Schwindung füllt er die Risse aus. Die Reparaturmöglichkeit einer getrockneten Keramik ist auf die Durchkreuzung der Kapillaren durch die Fasern zurückzuführen. Die Kapillaren können das Wasser nicht aufsaugen, was zum Zusammenpressen der Luft führen würde, in dessen Folge es in einiger Entfernung von der Reparaturstelle zu Rissen kommt. Trockener Paperclay zerfällt nicht in Wasser wie faserfreier Ton, weil seine Kapillaren beschädigt sind und ihre Saugkraft verloren haben.
- Paperclay eignet sich für den Einbrand der Keramik ohne vorherigen Schrühbrand, weil die fehlende Kapillarwirkung beim Auftragen des Glasurschlammes keine Probleme durch Wasseraufnahme aus dem Glasurschlamm bereitet. Das Einbrandverfahren ist anzuraten, weil Paperclay nach dem Schrühbrand eine zu geringe Festigkeit besitzt. Eine Probe bestand auch das Brennen im feuchtplastischen Zustand ohne vorherige Trocknung.
- Große Platten aus Kaolin-Paperclay zeigten im Brand eine hohe Deformationsfestigkeit, d.h. dass die Teile nicht nur keine Risse bekamen, sondern sich auch nicht verzogen.
- Die geringe Trockenschwindung erlaubt es auch, feuchtplastischen Paperclay um starre Körper, z.B. aus Metall, zu legen oder Metallflechtwerk einzuformen, ohne dass es bei niedriger Temperatur (bei rotem Ton) Risse gibt, während bei 1230°C gebranntes Weichporzellan Risse bekam, durch die das geschmolzene Metall (Kupfer) hervorsickerte. Ein Netz aus verzinktem Eisen, auf die Porzellanmasse aufgelegt, verband sich mit ihr fest und dauerhaft. Das gilt nur für verzinktes Eisen, nicht aber für Kupfer. Dieses kann jedoch in die Glasur eingelegt werden. Aluminium treibt die Glasur in grauen Wolken auf. Diese Effekte lassen sich auf keine andere Art gewinnen.
- Infolge seiner geringen Trockenschwindung kann Paperclay nicht im Gießverfahren verarbeitet werden, weil er sich nicht aus der Gipsform entnehmen lässt.
- Sägemehl an Stelle von Papier-Zellulose-Fasern enthält Hemizellulose-Fasern neben Lignin und Harzen und verringert die Schwindung ebenfalls, erhöht aber nicht die Trockenfestigkeit. Es müsste vor der Verwendung gekocht werden, um die Fasern bloßzulegen, und ist deshalb nicht empfehlenswert.
- Ersatz von Zellulosefasern durch Kunststofffasern (Polypropylen-Kurzschnittfasern von 6mm Länge und 18 µm Dicke) verkürzt die Trocknungsdauer, weil die Fasern nicht quellen, und braucht weniger Wasser zur Plastifizierung. Trocken- und Brennschwindung sind wie bei Zellulosefasern verringert. 5 % Zellulosefasern, auf trockenes Tonmehl gerechnet, genügen zum Erreichen der günstigen Paperclay-Eigenschaften. Sie klumpen weniger als Zellstofffasern.
- Die Schwindung lässt sich mit der Faserkonzentration regeln. Das ist ein neuer Aspekt der Engobetechnologie, indem man auf diese Weise festsitzende Engoben auf Scherben aller Stadien, von lederhart bis dichtgebrannt, erreichen kann. Zum Engobieren im lederharten Zustand ist ein so hoher Faserzusatz erforderlich, dass er durch die verringerte Trockenschwindung den Schwindungsvorsprung des Scherbens kompensiert. Zum Engobieren eines geschrühten Scherbens soll die Trockenschwindung der Engobe gegen Null gehen, denn der Scherben hat seine Trockenschwindung bereits hinter sich. Hier muss die Fasermenge größer sein. In beiden Fällen haben Scherben und Engobe ihre Brennschwindung noch vor sich. Dazu darf die Brennschwindung der Engobe wiederum nicht zu gering sein, was eigentlich gar keinen Faserzusatz bedeutet. Diese widersprüchliche Forderung läßt sich nur erfüllen, wenn man für die Engobe den selben Ton nimmt wie für den Scherben. Zum Glasieren eines gesinterten Scherbens soll die Engobe ebenfalls möglichst nicht mehr schwinden, also viel Fasern enthalten. Dass gilt in diesem Fall auch für die Brennschwindung, die der Scherben bereits hinter sich hat. Diese Engobe muss aus einem nicht zu fetten beliebigen Ton mit möglichst viel Fasern zusammengesetzt sein, damit auch seine Brennschwindung gering ist. Hier sind Polypropylenfasern günstiger als Zellulosefasern.
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Bei einem wenig plastischen, mageren Ton oder Porzellan genügen 7,5 Gewichtsprozent Fasern auf 100 Tonpulver, bei einem plastischen oder roten Ton 10%. Man kann auch volumenmäßig vorgehen: 1 Liter gestopfte trockene Faser wiegt 86-90 Gramm. Da die Zellulosefasern quellen, ist die Trocknungsdauer länger als bei faserfreien Tonen. Die Festigkeit nach dem Verschrühen ist gering, was die Verwendung von Paperclay für Raku einschränkt, aber das Einbrandverfahren geradezu erfordert.
- Neues vom Raku
1. Wasserdichtheit
Während in Ostasien Raku-Teeschalen in Gebrauch sind, ist in Europa die Ansicht verbreitet, dass sich Raku nicht für den Gebrauch als Blumenvase eigne, da es nicht wasserdicht sei.
Um diesen Nachteil zu beseitigen, gibt es mehrere Möglichkeiten. Die einfachste besteht darin, die Gefäße innen mit einer rissfreien niedrigschmelzenden Glasur zu versehen. Dazu genügt bereits eine Mischung aus 90% Borax und 10% Kaolin. Diese schmilzt bei 900°C. Man kann sie auch noch mit 10% Zinnoxid versehen und erhält dann eine weiße Innenglasur. Für Außen nimmt man eine gewöhnliche Rakuglasur, die craqueliert, z.B. aus- 31,41% Alkalifritte M1233
- 33,06% Calciumborat
- 4,13% Zinkborat
- 9,92% Bariumkarbonat
- 6,61% Lithiumkarbonat
- 8,26% Zinnoxid
- 6,61% Kaolin.
Bei diesem Verfahren erhält man zwar Gefäße, die im Gebrauch von innen wasserdicht sind, die aber in der Spülmaschine von außen Wasser aufsaugen, wodurch der Scherben quellen und die Innenglasur zum Reißen bringen kann. Deshalb ist es besser, die Wandung durch und durch mit Scherbenglas zu versehen, das den Scherben auch von außen wasserdicht macht. Es ist im Prinzip das Gleiche, wie wenn man einen dichtgesinterten, hochgebrannten Scherben verwenden würde. Hier aber soll alles bei niedriger Temperatur geschehen. Deshalb muss das Scherbenglas auch niedrig schmelzen. Das erreicht man durch Einlagerung der geschrühten Keramik in eine gesättigte Lösung von Soda oder Borax in Wasser. Darin muss sie mindestens zwei Tage bleiben und ebenso lange trocknen. Da, wo die Glasur aufgetragen werden soll, wischt man die Ausblühung ab. Bei diesem Verfahren erhält man allerdings keinen schwarzen Scherben, weil die Poren dicht sind und sich kein Kohlenstoff in einlagern kann.
Eine weitere Möglichkeit ergibt sich, indem man einen dichtgesinterten, hochgebrannten Scherben verwendet. Das ist dann ein Hochtemperatur-Raku, bei dem lediglich die Entnahme der glühenden Keramik dem Raku entspricht.
Hat man einen handelsüblichen schwarzbrennenden Ton oder eine selbst gefärbte Masse, wie bei „Schwarzes Porzellan“ beschrieben, verwendet, so gleicht das Ergebnis äußerlich einem konventionellen schwarz-weißen Raku, nur dass diese Keramik wasserdicht ist.
Das hat nichts mit der Nachreduktion in einer Kapsel im Elektroofen zu tun, weil der Scherben bereits dicht ist und keinen Kohlenstoff mehr einlagert.
2. Craquelierung
Die Möglichkeit, ein dichtes oder ein weitmaschiges Craquelénetz zu erzielen, bietet eine typisch keramische dekorative Möglichkeit. Die Craquelierung ist eine Folge des Ausdehnungsunterschiedes zwischen Scherben und Glasur. Man spricht von Ausdehnung, meint aber die Zusammenziehung beim Abkühlen, deren Größe der Ausdehnung beim Erhitzen entspricht. Will sich die Glasur beim Abkühlen stärker zusammenziehen als der Scherben, so reißt sie, weil sie sich über dem Scherben nicht stärker zusammenziehen kann.
Das Craquelénetz ist um so feiner und dichter, je größer der Unterschied zwischen Scherben und Glasur ist. Es ist um so weitmaschiger, je geringer dieser Unterschied ist. Da sich der Scherben bei einer höheren Temperatur beim Abkühlen stärker zusammenzieht als bei einer niedrigen Temperatur, und da andererseits die Glasur sich bei höherer Temperatur geringer zusammenzieht als bei einer niedrigen, gleichen sich die Zusammenziehungen beider bei höherer Temperatur an, und es ist um so schwieriger, eine Craquelénetz zu erzielen, je höher die Temperatur ist. Deshalb gehört es beim Raku zu den typischen Effekten, die hier erwünscht sind, während das Reißen der Glasur beim Gebrauchsgut als Fehler gilt und deshalb auch nicht als Craquelé, sondern als Haarrissigkeit bezeichnet wird.
Ein Rakuscherben hat im Mittel eine Wärmeausdehnung der Größe 5 (d.h. ein 1m langes Stück dehnt sich bei 1 Grad Erhitzung um 0,0005 m aus und zieht sich bei Abkühlen um den selben Betrag zusammen). Eine Glasur mit einem etwas höheren Betrag als 5 reißt auf dem Rakuscherben in großen Rissen, bildet also ein weitmaschiges Netz. Eine solche Glasur wäre z.B. aus:- 82% Natriumboratfritte (Nabofritte)
- 9% Zinkborat
- 9% Kaolin.
Sie hat einen Wert von 7,4 und ergibt ein weitmaschiges Rissenetz. Hingegen gibt eine Glasur z.B. aus:
- 82% Alkalifritte M 1233
- 9% Lithiumkarbonat
- 9% Kaolin
mit einem Wert von 12,9 ein feines, engmaschiges Rissenetz.
Trägt man beide Glasuren nebeneinander auf, so erhält man ein Muster aus groben und feinen Craaquelés nebeneinander.
Jegliche Craquelierung, und so auch die Erzielung solcher Craquelémuster, ist nicht an das Rakuverfahren gebunden. Man kann diese beiden Glasuren auch auf eine gewöhnliche Keramik aufschmelzen, muss dann aber die Risse einfärben, während sie beim Raku in der Nachreduktion schwarz werden.
Schwieriger läßt sich ein solches Muster durch verschieden starkes Abschrecken der heißen Glasur bei der Entnahme aus dem Ofen erzielen. Man erhält bei stärkerer Abschreckung, z.B. durch Umwickeln mit einem Öllappen oder mit einen Eiswürfel ein feines Netz, durch längeres Verzögern der Zeit zwischen Entnahme aus dem Ofen und Eintauchen in das Reduktionsmittel ein weiteres Craquelénetz.
3.Irisierung
Rakuglasuren schillern oft perlmutartig. Diese Erscheinung ist darauf zurückzuführen, dass die Glasur so spät in die Nachreduktion kommt, dass die Reduktion nur noch die äußerste Oberfläche erfassen kann. Dann bildet sich ein reduzierter durchsichtiger Film mit einer anderen Lichtbrechung als der darunterliegenden Glasur. Dieser Film hat nur die Dicke der Wellenlänge des Lichts (0,40-0,75 µm) und verschwindet mit der Zeit. Die gleiche Erscheinung kommt in der Steinzeugtechnik vor, wenn die Reduktion zu spät erfolgt. Dort ist die Irrisierung ein Fehler. Beim Raku läßt sie sich dauerhafter festigen, wenn man dem Reduktionsmittel etwas Zinnsalz (Zinnchlorid) hinzufügt. Die Glasur selbst sollte dazu Wismutnitrat oder –oxid (zur Blaufärbung) oder Silbernitrat (zur Gelbfärbung) enthalten. Das Blau wird durch Kobaltkarbonat verstärkt, ein Rot erhält man mit Kupferkarbonat in Blei-Bor-Glasuren.
4. Fehler beim Raku
Rakuglasuren können auf eine so niedrige Schmelztemperatur eingestellt sein, dass sie schon bei 500°C flüssig sind und zu großen Blasen aufblähen. Das liegt daran, dass bei dieser Temperatur das Kristallwasser aus dem in der Glasur enthaltenen Kaolin verdampft. Bei kleinen Gefäßen kann es vorkommen, dass die Blasen aus den gegenüberliegenden Wandungen zusammentreffen, sich verkleben und das Gefäß verderben. Ansonsten ist die Blasenbildung unschädlich; die Blasen sind gasdurchlässig und fallen in sich zusammen. - Primitive Brenntechniken
Als primitiv gelten Brennverfahren, bei denen das Brenngut mit dem Brennstoff in Berührung steht. Das ist in Öfen der Fall, die man aus Lehm oder in einer Tonne im Freien errichtet, oder im Papierofen oder in der Brennkapsel im Elektroofen bei 950°C.
Was man zunächst dabei beabsichtigt, ist der Schwarzbrand. Er gelingt am besten bei einer polierten Keramik, die nach dem Polieren bei 900°C vorgebrannt sein soll, damit der Scherben ausreichend fest wird. Die Schwarzfärbung ergibt sich durch Einlagerung von Kohlenstoff in die Poren des Scherbens, der dazu mindestens 600°C heiß sein soll. Ein rotbrennender Ton ist günstig, weil er die Abscheidung des Glanzkohlenstoffs fördert und die Schwarzfärbung unterstützt. Andere Färbungen erhält man durch Beimengungen zum Sägemehl, die bei dieser Temperatur flüchtig werden und sich auf der Keramik absetzen. Beimengungen sind Schwermetallchloride ( auch -fluoride) mit hohem Dampfdruck bei der Sublimation (= Verdampfung aus dem festen Aggregatzustand). Sie müssen bei dieser niedrigen Temperatur den Luftdruck im Brennraum überwinden. Das sind die Chloride des Titans (das sich aber nicht eignet, weil es sich zu stark verflüchtigt), des Eisens, Kupfers, Nickels und Zinks. Gewöhnlich verfügt man jedoch nicht über diese Chemikalien und setzt dafür das Kochsalz gemeinsam mit den Oxiden (zumeist mit Kupferoxid) ein. Das Salz reagiert bei dieser niedrigen Temperatur nicht mit dem Oxid, aber das Chlor des Kochsalzes reißt durch seinen hohen Dampfdruck das Oxid mit sich fort.
Die Chloride selbst benötigen Wasser zu ihrer Zersetzung zu Salzsäure + Oxid. Deshalb muss man grüne Zweige zwischen das Sägemehl legen. Wenn die Chloride als Kügelchen kein Wasser bekommen, nehmen sie es aus dem Ton, wobei sie kleine Schollen aus dem rohen Tonscherben herausprengen, wenn sie mit ihm in Kontakt sind. - Schwarzbrand
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einen schwarzen Scherben zu erzielen. Im Elektroofen kann man eine schwarzbrennende Masse verwenden, die es im Handel gibt, oder man kann sie selbst durch einen Schwarzfarbkörper zusammensetzen. Manganschwarz ist giftig und deshalb nicht mehr im Gebrauch; dafür nimmt man jetzt ein Eisen-Mangan-Spinell, das man im Handel erhält und das man mit oder ohne Schwarzfarbkörper zur Gewinnung einer schwarzen Masse nehmen kann (siehe unter „Schwarzes Porzellan“). In der frühgeschichtlichen Keramik wurde Mangan auf dem Balkan, in Griechenland, der Türkei und in der südamerikanischen Nasza-Kultur verwendet. Man kann einen roten Ton auch mit 10% Graphitpulver vermischen und als Engobe oder Malfarbe auftragen, darf aber nicht über 700°C brennen, sonst muss man reduzieren. Das Graphitschwarz stammt aus der Latènezeit.
Was wir als „Schwarzbrennen“ bezeichnen, ist aber ein Brand unter Luftabschluss, also unter reduzierenden Bedingungen. Und zwar ist es kein Reduktionsbrand, in dem ein eisenhaltiger Ton schwarz wird wie bei dem „Eisenreduktionsschwarz“ der Terra nigra, sondern ein Brand, bei dem Schwarz im Kontakt mit dem Brennstoff als „Kohlenstoffschwarz“ erhalten wird. Der Brennstoff (Holz, Tannenzapfen, Maiskolben) gibt Kohlenoxide frei, die in die Poren des Scherbens eindringen und sich bei Temperatursteigerung als Kohlenstoff einlagern. Die Temperatur soll möglichst 900°C (mindestens 600°C) betragen. Bei der Holzkohle sind die leichten Kohlenwasserstoffe, die eine lange, weiche Flamme bilden, bereits herausdestilliert worden. Deshalb ist eine unmittelbare Berührung mit dem Brenngut wichtig. Man kann die Holzkohle mit Abfallöl übergießen und hat dann eine Öl-Zusatzfeuerung mit höherer Wärmeentwicklung. Das Kohlenstoffschwarz des Rakuscherbens ist seidig und deshalb begehrt. Es ist jedoch auswaschbar und nicht witterungsbeständig.
Das Schwarzbrennen kann in einer Grube, auf ebener Erde wie bei den Pueblo-Indianern, in einem Graben („Pitfiring“ in Australien und USA) oder in einer Öltonne erfolgen. Einzelheiten sind in dem Buch „Abenteuer Erde und Feuer“ auf Seite 120 ff. beschrieben. - Schwarzes Porzellan
Schwarze Massen werden heutzutage nicht mehr mit dem giftigen Braunstein, sondern mit einem Mangan-Eisen-Spinell zusammengesetzt; dazu kommen Kobalt-, Chrom- oder Nickeloxid, um ein neutrales Schwarz zu erhalten. Die färbenden Metalloxide wirken bei geringen Zusätzen (unter 6%) als Flussmittel und machen auch gasabspaltende Reaktionen durch. Das zeigte sich bei der Verwendung einer Weichporzellanmase. Bei 1220°C bildete sie eine dunkelrotbraune Schlacke. Man hat deshalb drei Möglichkeiten:
- Die Weichporzellanmasse niedrig zu brennen (1100°C),
- Beim Zusatz von Spinell + Kobalt- + Chromoxid von einer Hartporzellanmasse auszugehen oder
- In einer Weichporzellanmasse 10% Schwarzfarbkörper zu verwenden. Dieses schwarze Porzellan hat die gleiche Gesamtschwindung wie das ungefärbte Weichporzellan und läßt sich somit auch in dieses einlegen.
Schwarzes Porzellan von besonderer dekorativer Oberflächenwirkung lässt sich herstellen, indem man die Porzellanmasse mit Kupfervitriol versetzt oder darin tränkt. Das wasserlösliche Kupfervitriol blüht aus, wodurch die Oberfläche blasig aufkocht und eine narbige Struktur erhält, die auf keine andere Art so schön erreicht werden kann.
- Selbstzerfallende Aschenurnen
Eine solche Urne soll nach einer gewissen Zeit in der Erde von selbst zerfallen. Das geschieht durch den Kalk im Scherben, der sich im Brand nicht mit der Kieselsäure zu Calciumsilikat (Wollastonit) verbinden konnte. Der überschüssige gebrannte Kalk nimmt im Boden Wasser auf, löscht sich ab, quillt und lässt den Scherben zerfallen. (Siehe auch „Zement im Ton“.) Man muss durch einen hohen Kalkgehalt im Scherben dafür sorgen, dass nicht aller Kalk an Kieselsäure gebunden wird. Festigkeit und Klang des Scherbens bleiben so lange erhalten, bis der gelöschte Kalk seine Wirkung tut. Man kann also der Urne, solange sie nicht im Boden ist, nichts anmerken.
In den Versuchen wurde als beste eine Masse aus 70% Witgert-Porzellanmasse Nr.52 mit 30% grobkörnigem Kalkspat ermittelt. Der körnige Kalkspat wurde von der Firma Rheinkalk Messinghausen, 59929 Brilon, in den Körnungen 2 – 3mm bezogen. Diese Masse lässt sich auch gießen. Man darf nicht die Körnung 0 –3 mm bestellen, weil man sonst zu viel Staub bekommt. Das gilt auch für die Bestellung von Schamotte.
Die Brenntemperatur darf nicht unter 1000°C liegen, weil erst dann der gebrannte Kalk entsteht. Man kann die Urne ohne weiteres roh glasieren, also im Einbrandverfahren herstellen. Sie soll dunkel glasiert sein. Deshalb fährt man am besten mit einer schwarzen Engobe unter einer dünnen durchsichtigen, glänzenden Glasur, die zusätzlich mit Kobaltoxid gefärbt sein sollte. Die Engobe darf beim Glattbrand nicht dichtsintern. Die Glasur soll niedrig schmelzen, denn dann braucht sie viel Alkalien und reißt deshalb unter dem Einfluss der Bodenfeuchtigkeit. Eine solche Glasur für 1000°C bestand aus:- 50% Calciumborat
- 21% Kalifeldspat
- 21% Alkalifritte M 1233
- 8% Kaolin
- 3% Kobaltoxid.
Der Boden und das Innere der Urne bleiben unglasiert, damit Wasser besser eindringen kann. Die Dauer bis zum Zerfall der Urne hängt von den Niederschlägen ab. Durch diese Glasur gelangt nichts Nachteiliges ins Grundwasser.
- Ungiftige Farbglasuren
Der Keramiker ist sich oft im Unklaren darüber, ob er Geschirr mit einer farbigen Glasur dem Verbraucher als gefahrlos anbieten kann. Grundsätzlich sind alle Glasuren, die mit Schwermetalloxiden gefärbt sind, streng genommen gefährlich. Aber die Metalloxide lösen sich verschieden stark aus den Glasur, und die gelösten Mengen sind von der Art der Glasur und von der Standzeit abhängig. Aus der Glasur einer Schüssel, in der Milch zum Sauerwerden angesetzt wird, löst sich mehr als aus einem Trinkbecher, in dem die saure Flüssigkeit nur Minuten mit der Glasur in Kontakt kommt. Auch ist die Giftigkeit und Löslichkeit der einzelnen Schwermetalloxide verschieden. Als ungefährlich kann das Eisenoxid angesehen werden.
Will man sicher gehen, verwendet man zur Färbung Einschlusspigmente; das sind Farbkörper, die durch eine schwer lösliche Umhüllung aus Zirkon besonders resistent gegenüber dem Angriff der Glasur sind. Am stärksten wirken die Alkalien (Na2O, K2O, Li2O) in der Glasur lösend. Da sie bei niedriger Temperatur (bis 1200°C), wenn man auf Blei verzichtet, stark vertreten sind, sollte man sich an die folgenden Empfehlungen halten, die für Farbkörper bestimmte Glasurversätze angeben:
Für 1050°C
eine weißdeckende Glasur aus- 31,78% Natrium-Borat-Fritte
- 3,69% Alkalifritte M 1233
- 12,72% Kaolin
- 3,01% Talkum
- 0,97% Zinkoxid
- 10,21% Kalkspat
- 11,73% Zirkonoxid
- 25,88% Quarz.
Für 1060-1100°C
eine transparente Glasur aus- 45% Natrium-Borat-Fritte (= Nabofritte, Degussa 90368)
- 45% Kalium-Borat-Fritte (Degussa 90176)
- 10% Kaolin.
Falls diese Fritten nicht verfügbar sind, lässt sich diese Glasur auch mit den beiden universell verwendbaren beiden Fritten, der Nabofritte (Natrium-Borat-Fritte) und der Alkalifritte M1233, gewinnen:
- 17,12% Alkalifritte M 1233
- 2,27% Nabofritte
- 19,45% Calciumborat
- 2,37% Talkum
- 5,84% Kalkspat
- 33,76% Kaolin
- 19,18% Quarz.
Für 1100-1200°C
eine transparente Glasur aus- 13,44% Kalifeldspat
- 21,04% Natronfeldspat
- 21,49% Calciumborat
- 18,06% Kaolin
- 16,54% Quarz
- 2,37% Talkum
- 7,06% Kalkspat
eine weißdeckende Glasur aus
- 31,78% Nabohfritte
- 3,69% Alkalifritte M 1233
- 12,72% Kaolin
- 3,01% Talkum
- 0,97% Zinkoxid
- 10,21% Kalkspat
- 11,73% Zirkonoxid
- 25,88% Quarz
dazu folgende Cerdec-Farbkörper (Zusatz-Prozente zur Glasur):
- 21 9614 Dunkelgrün 3-6 %
- 22 9482 Türkisblau 1-6 %
- 22 9484 Kobaltblau 2-4 %
- 23 9416 Gelb 5-10 %
- 23 9616 Orange 5-10 %
- 24 9137 Schwarz 4-6 %
- 25 9145 Neutralgrau 2-6 %
- 25 9551 Braun 1-4 %
- 26 9570 Braun 2-4 %
- 27 9338 Korall 5-10 %
- 27 440 Pinkrot 4-8 %
- 27 9496 Intensivrot 5-10 %
- 28 9071 Lila 4-8 %
Je höher die Zusatzmenge, desto intensiver die Farbe.
Die in den Glasurversätzen verwendeten Fritten haben folgende Zusammensetzung:
Degussa 90368:- 0,1 MgO
- 0,25 Al2O3
- 2,0 SiO2
- 0,7 CaO
- 0,2 B2O3
- 0,2 Na2O
Degussa 90158 (Nabofritte):
- 1 Na2O
- 2 B2O3
- 3 SiO2
Degussa 90176:
- 0,75 CaO
- 0,5 Al2O3
- 4,0 SiO2
- 0,25 K2O
- 1,0 B2O3
Mondré & Manz M 1233:
- 0,3 CaO
- 0,03 Al2O3
- 2,4 SiO2
- 0,3 K2O
- 0,4 Na2O
Mit Farbkörpern lassen sich auch bleihaltige Glasuren, die nach dem Bleigesetz zulässig sind, färben, während solche Glasuren durch Färbungen mit Oxiden giftig werden.
- Zement im Ton und in der Glasur
Portlandzement ist ein eisenreiches Calciumsilikat mit der durchschnittlichen prozentualen Zusammensetzung
- 21% SiO2
- 5% Al2O3
- 2% Fe2O3
- 71% CaO
- 1% K2O.
10% Portlandzement zum Ton ergab eine Masse, die in ihrer Biegefestigkeit und Dichte nach dem Brennen bei 1000°C dem Ton weit überlegen war. Das wäre für frostbeständige Platten (Grabplatten) von Interesse. Je plastischer der Ton, desto mehr Zement verträgt der Scherben und desto höher ist seine Festigkeit. Zu viel Zement führt dazu, dass der Scherben nach einiger Zeit, wenn er Feuchtigkeit aus der Luft aufgenommen hat, zerfällt. Das liegt daran, dass der Kalk des Zements mit der beim Zerfall der Tonminerale bei 500°C freiwerdenden Kieselsäure zu Calciumsilikat (Wollastonit) reagieren muss. Ist der Kalk nicht vollständig an die Kieselsäure gebunden, quillt der Rest durch die Feuchtigkeitsaufnahme und bringt den Scherben zum Zerfallen. Um die Bindung des Kalkes an die Kieselsäure ablaufen zu lassen, darf die Brenntemperatur nicht unter 1000°C liegen.
Im trockenen Zustand wird die mit Portlandzement versetzte Masse schneller hart, weil der Zement eine scharfe Lauge bildet, die die Kolloide zerstört, so dass Plastizizät und Rohbruchfestigkeit verringert werden, weil das Wasser nicht von den Kolloiden (den Teilchen unter 10-5 cm Korngröße) festgehalten wird. Die Folge ist eine Zerklüftung der Oberfläche, ohne dass die Risse durchgehen. Man kann sie verstreichen oder mit Borax+Kupferkarbonat einstreichen, die die klaffenden Risse zum Leuchten bringen.
Nach dem Brennen bei 1000°C war die Gesamtschwindung erhöht: 20% gegenüber 10,3% beim reinen Ton. Allein für sich gibt Portlandzement bei 1300°C eine unansehnliche braune Glasur. Eine Glasur aus- 33,3% Portlandzement
- 33,3% Nabofritte
- 33,3% Zinkborat,
gefärbt mit 3% Nickelkarbonat, ergab bei 1100°C auf einem rotbrennenden Scherben eine dunkel-rotbraune Glasur mit dekorativen inneren Rissen, die nicht an die Oberfläche gelangten.
Eine Glasur aus- 40% Zement
- 40% Feldspat
- 20% Kaolin
ergab bei 1300°C eine dunkelgelbe Glasur mit kurzen Rissen, die wie Schriftzeichen aus dem phönizischen Alphabet aussehen.
- Zucker in Glasuren
Das besondere Verbrennungsverhalten von Zucker führt zu außergewöhnlichen Glasureffekten. Eine borhaltige, kupfergefärbte Glasur mit 5% Kristallzucker erhielt weißliche Strukturen bei sonst glatter Glasur bei 1050°C. Das sprudelnde Verbrennen des Zuckers hat zur Folge, dass sich die Glasur entmischt und eine dekorative Farbstrukturierung hervorbringt.
Mit 20% Kristallzucker traten feine Bläschen auf, die auf dem Grund rötlich gefärbt waren. Sie hinterließen, in oxidierender Atmosphäre gebrannt, eine narbige Oberfläche mit roten Punkten. Eine mit einem Zuckerguss versehene glattgeschmolzene Glasur wurde in der Nachreduktion ebenfalls bei 1050°C dunkelbraunrot mit zerklüfteter Oberfläche.
Eine Glasur mit 2,3% Kristallzucker im Inneren und einem Zuckerguss außen blähte in reduzierender Atmosphäre auf und floss zu einer blaugrünen narbigen Glasur mit dunkelroten Vertiefungen aus.
Als Reduktionsmittel im gewohnten Sinn ist Zucker nur wirksam, wenn man ihm die Möglichkeit nimmt, sich Sauerstoff aus der Luft zu holen, also in einem luftdicht verschlossenen Gefäß. Aber auch dann ist seine Wirkung von der des Siliziums (Si) oder des Siliziumkarbids (SiC) insofern verschieden, als er die Glasur nicht glattschmelzen lässt, sondern ihre Oberfläche plastisch strukturiert. - Glasiertes Straßenpflaster
Zum Glasieren eignen sich Basalt-Pflastersteine, die schmelzflüssig gegossen werden. Da der Basalt bei 1200°C schmilzt, muss die Glasur darunter bleiben. Sie muss eine hohe Schleifhärte besitzen. Das ist nicht dasselbe wie die Ritzhärte bei Tellern. Die Ritzhärte kann nach der Mohsschen Härteskala geprüft werden und hat ihren höchsten Wert bei etwa 8% B2O3; danach fällt sie wieder ab. Unter allen glasurbildenden Oxiden erhöht die Borsäure die Ritzhärte am stärksten, gefolgt von SiO2, TiO2 und Al2O3. Im Gegensatz zur Ritzhärte wird die Schleifhärte (Abriebfestigkeit) mit der Sandrieselmethode geprüft. Natürlich spielt bei der Schleifhärte auch die Sprödigkeit der Glasur eine Rolle. Wenn man sich vorstellt, dass jemand mit spitzen Stöckelschulen darüber geht, ist auch die Ritzhärte gefordert. Die Schleifhärte hat mit 20% SiO2 ihr Maximum, gefolgt von B2O3, CaO, MgO und SrO. Nach wieder etwa 8% B2O3 fällt sie auch hier ab. Al2O3 ist hierbei nicht so wirksam wie bei der Ritzhärte.
Von den Corning-Glaswerken wurde unter der Bezeichnung „Macor“ eine Glaskeramik auf den Markt gebracht, die allen Forderungen gerecht wird, wenn man sie wie eine Glasur verwendet. Der entsprechende Versatz lautet:- 13,11% Kaliumfluorid
- 16,02% kaustischer Magnesit
- 12,69% Borsäure
- 37,34% Kaolin
- 20,84% Quarz.
Dass die Wirkung der Borsäure einen Höhepunkt aufweist, wonach sie bei weiterem Konzentrationsanstieg wieder abfällt, ist eine Folge der Borsäureanomalie, bei der BO3-Gruppen in BO4-Tetraeder übergehen und sich bei steigendem Gehalt an Alkalien wieder zurückverwandeln. Der Höhepunkt äußerst sich sowohl in der geringsten Wärmeausdehnung, als auch in der größten Dichte und Härte als Folge der Verfestigung des Glasurennetzwerks. Diese Verfestigung ist in Li2O-Borsäure-Systemen größer als in K2O-Borsäure-Systemen, weil das Li+ eine höhere Feldstärke besitzt als das K+ (0,23 zu 0,13). Man erhält also eine noch größere Härte, wenn man das Kalium durch Lithium ersetzt:
- 18,35% Lithiumfluorid
- 19,64% Kalifeldspat
- 14,67% kaustischer Magnesit
- 11,56% Borsäure
- 25,15% Kaolin
- 10,63% Quarz.
Diese Glasuren sind matt und opak, besitzen eine niedrige Wärmeausdehnung und schmelzen bei 1.100°C. Sie kristallisieren zu einem fluorhaltigen Glimmer (Phlogopit) aus, worauf die glaskeramische Festigkeit beruht. Damit wird die Glasur auch rutschfest. Sie kann in allen Farben mit Farbkörpern gefärbt werden; die Farben sind hellklar. Wie sich bei den jahreszeitlichen Temperaturschwankungen im Freien Basalt und Glasur vertragen, gibt es allerdings keine Erfahrungen. Man wird diese Technik deshalb auch nicht bei einem Straßenpflaster anwenden, das dem täglichen Verkehr ausgesetzt ist.
- Schrumpfglasuren
Wenn Glasuren sich beim Schmelzen zu Inseln zusammenziehen und Polster bilden (schrumpfen), besitzen sie eine große Oberflächenspannung. Früher glaubte man, es handle sich um eine Spannkraft auf der Oberfläche, es ist aber eine Energie, die aus dem Innern an die Oberfläche tritt. Somit ist „Oberflächenspannung“ dasselbe wie „Oberflächenenergie“. Man kann sich diese Kraft vorstellen, indem man verschieden lange Metalldrähte hängend erhitzt. Die kurzen werden dabei dicker, die langen dünner. Das liegt daran, dass die Kraft der Oberflächenspannung ausreicht, um das Gewicht der kurzen Drähte zu ertragen, die der langen aber nicht. So wirkt sich die Oberflächenspannung auch auf das Ablaufen leichtschmelzender Glasuren aus. Sie laufen leichter ab, wenn ihre Oberflächenspannung gering ist. Leichtschmelzende Glasuren haben eine geringe Oberflächenspannung, weil sie reich an Flussmitteln sind, die diese Eigenschaft verringern, aber man hat da noch einen Spielraum bei der Aufstellung eines Versatzes.
Bei den Glasuren wirkt sich die Oberflächenspannung der Schmelze, also einer Flüssigkeit, auf einer festen Unterlage, dem Scherben, aus. Beim Zusammenspiel einer Flüssigkeit mit ihrer Unterlage spricht man von Grenzflächenspannung oder Grenzflächenenergie, was wir aber hier vernachlässigen, um die Sache nicht zu komplizieren. Die Spannung ist bestrebt, die Berührungsfläche zwischen Scherben und Glasur (die „Grenzfläche“) zu verkleinern, und dazu bedarf es einer bestimmten Energie. Glasur und Scherben bilden ein benetzendes System von verwandtem Chemismus. Wenn sich geringe Mengen aus dem Scherben in der Glasur lösen, kann deren Oberflächenspannung verändert werden. Da die Oberflächenspannung des Scherbens kaum beeinflussbar ist, muss man, um den Scherben gut zu benetzen, dafür sorgen, dass die Glasur eine niedrige Oberflächenspannung besitzt. Andererseits muss man, wenn es zu Polsterbildungen kommen soll, dafür sorgen, dass die Glasur eine hohe Oberflächenspannung besitzt.
Eine vollständige Benetzung wird beim normalen Glasieren eines Scherbens benötigt. Insofern ist die Schrumpfung der Glasur ein Fehler, der hier als Effekt verwendet wird. Genau lässt sich die Paarung Glasur/ Scherben nicht erfassen, weil der Scherben kein homogenes System darstellt, sondern von Fall zu Fall in seinen Eigenschaften schwankt. Seine Grenzflächenenergie gegen die Glasur lässt sich nicht berechnen, denn sie ist nicht nur von der chemischen Zusammensetzung abhängig, sondern auch von der Temperatur, denn die Sinterung des Scherbens wird unter anderem durch die Oberflächenspannung des Scherbenglases bewirkt. Und die Anteile an Scherbenglas, Kristallen und Poren sowie die Korn- und Porengrößen schwanken. So ist man, was die Erzielung von Schrumpfglasuren betrifft, auf Erfahrungswerte angewiesen. Die besagen, dass die Glasuren umso eher die Kugelgestalt annehmen, je größer ihre Oberflächenspannung ist, ohne sagen zu können, ob sie höher oder niedriger als die des Scherbens sein soll. Die Oberflächenspannung der Glasur lässt sich mit einer für praktische Zwecke ausreichenden Genauigkeit berechnen und ist im Glasurenprogramm abzulesen.
Ist die Unterlage der Schrumpfglasur der Scherben, so muss die Glasur den Scherben möglichst wenig benetzen. Sie muss genügend Oberflächenenergie besitzen, um eine Kugel zu bilden. Für künstlerische Zwecke kann es erwünscht sein, dass die Glasur eine hügelige Oberfläche bildet; bei Gebrauchsgeschirr soll sie aber glattschmelzen, was man als spreiten bezeichnet. Je höher die Schmelztemperatur ist, desto leichter erreicht man die Spreitung, weil mit dem Temperaturanstieg auch die Oberflächenspannung abnimmt. Für die Schrumpfung soll die Glasur dick aufgetragen werden. Außerdem spielt die Zähigkeit des Glasflusses eine Rolle, die sich aber automatisch nach der Temperatur ergibt, bei der die Glasur gebrannt wird; denn die Glattschmelztemperatur hat einen Viskositätsfixpunkt. Es gibt auch noch einen Einfluss der Ofenatmosphäre; bei Luft, also im Elektroofen, ist er geringer als beim Propangas, also im Gasofen, oder in der Kohlenstoffatmosphäre beim Reduktionsbrand im Holzofen. Diese Einflüsse sind aber noch nicht systematisch erforscht.
Bei niedriger Temperatur besteht das Problem zunächst darin, dass es schwierig ist, glänzende und zugleich schrumpfende Glasuren zu erhalten, weil alle starkwirkenden Flussmittel die Oberflächenspannung verringern, während die für die Schrumpfung günstigen Bestandteile die Glasuren matt machen.
Natürlich ergibt sich die Oberflächenspannung aus der Zusammensetzung der Glasur. Berechnet man sie aus den in der Glasur enthaltenen Oxiden, soll der Wert bei einer niedrigen Brenntemperatur (um 1000°C) über 298 m/Nm liegen. Dieser Erfahrungswert gilt unabhängig von der Art des Scherbens.
Da wir nur mit bleifreien Glasuren arbeiten wollen, entfällt schon das Blei, das die Oberflächenspannung am stärksten erniedrigen würde. Wir sind wegen der Brenntemperatur aber auf die Alkalien und auf Borsäure angewiesen, die die Oberflächenspannung ebenfalls verringern. Die Frage ist also, wie müssen wir mit den Flussmitteln umgehen, wenn wir bei niedriger Temperatur eine Oberflächenspannung von 300 oder höher erzielen wollen? Die Tabelle der Oxide nach ihrem Einfluss auf die Oberflächenspannung ist im Computerprogramm unter „Hilfe“ abzurufen. Da sieht man, dass man bei den Flussmitteln das Natriumoxid gegenüber dem Kaliumoxid (entsprechend den Natronfeldspat anstelle des Kalifeldspats) bevorzugen soll, und beim Magnesium den (kaustischen) Magnesit gegenüber dem Talkum. Von den Oxiden, die die Oberflächenspannung erhöhen, wirken alle (MgO, Al2O3, CaO) mattierend. Man kann also eine Glasur mit der Aussicht auf Schrumpfung bei etwa 1000°C zusammenstellen aus Natronfeldspat, Magnesit und Kaolin. Auf Borsäure wird man nicht verzichten können; dann nimmt man das Calciumborat. Auch Alkalien sind unverzichtbar; da wählt man zusätzlich zum Natriumoxid, das im Feldspat enthalten ist, das Lithiumkarbonat. So erhält man im ersten Ansatz, wenn man diese Rohstoffe in das Rohstoffspiel für den Temperaturbereich um 1000°C eingibt, eine Glasur aus- 22,13% Natronfeldspat
- 11.06% Calciumborat
- 11,06% Kaolin
- 17,70% Magnesit (kaustisch)
- 4,43% Lithiumkarbonat
- 33,62% Quarz.
Diese Glasur schmilzt nach der Berechnung bei 1084°C und hat eine extrem hohe Oberflächenspannung mit dem Wert 401, ist aber wegen ihres hohen Kaolingehalts matt. Um sie glänzend zu machen, gibt es nur die Möglichkeit, den Natronfeldspat, das Lithiumkarbonat und das Calciumborat zu erhöhen:
- 42,05% Natronfeldspat
- 16,63% Calciumborat
- 11,72% Magnesit (kaustisch)
- 6,73% Lithiumkarbonat
- 22,66% Quarz.
Diese Glasur hat immer noch eine hohe Oberflächenspannung, nämlich 374, und kann mit 8 bis 10% Zinnoxid weiß getrübt werden, wodurch der Wert noch etwas ansteigt. Sie hat aber den Nachteil, dass sie keinen sämigen Schlamm ergibt und deshalb nicht so gut in Schwebe bleibt und sich auch nicht so gut auftragen lässt wie die Glasur mit Kaolin. Wenn man noch etwas Kaolin oder Bentonit hinzufügt (der Bentonit trägt stärker zum Sämigwerden bei als der Kaolin), wird die Oberflächenspannung größer (378), aber die Glasur wird etwas matter:
- 32,97% Natronfeldspat
- 16,75% Calciumborat
- 4,48% Kaolin oder Bentonit
- 11,67% Magnesit (kaustisch)
- 7,31% Lithiumkarbonat
- 26,82% Quarz.
Die Schmelztemperatur ist mit 1053°C berechnet. Die Oberflächenspannung beträgt 378 mN/m. Sie kann mit 8 bis 10% Zinnoxid weißgetrübt oder beliebig gefärbt werden.
Man kann die Schrumpfglasur auch im selben Arbeitsgang auf eine Unterglasur auftragen und beide in einem Brand brennen. Die Frage, ob die Unterglasur eine höhere Oberflächenspannung besitzen soll als die Überglasur oder umgekehrt, lässt sich aus den Erfahrungen mit glasierten Scherben nicht beantworten, weil die Werte des Scherbens nicht bestimmt sind. Dort wurde unabhängig davon die Oberflächenspannung der Schrumpfglasur möglichst hoch gehalten. Es lässt sich nur sagen, dass zwei aneinander grenzende Glasuren umso mehr erfolgreich sein werden, ihre Grenzfläche klein zu halten, je mehr ihre Energie dazu in der Lage ist. Und Energie ist gleich Spannung. Die Unterglasur sollte etwas schwerer schmelzbarer eingestellt sein, damit die Überglasur zuerst schrumpfen kann. Das Reißen in Schollen wird schon beim Trocknen gefördert, wenn man anstelle von Kaolin Bentonit nimmt. Im Brand sinkt die Schrumpfglasur in die Unterglasur ein. Sie erfüllt ihren Zweck, wenn sich beide farblich unterscheiden. Die Unterglasur für das Zusammenwirken mit der soeben beschriebenen Überglasur könnte so zusammengesetzt sein:- 35,18% Kalifeldspat
- 14,47% Zinkborat
- 22,52% Calciumborat
- 4,18% Kaolin
- 2,29% Lithiumkarbonat
- 21,37% Quarz.
Um die erforderliche Menge an Borsäure einführen zu können, wurde neben dem Calciumborat auch noch Zinkborat verwendet, um keine Fritte zu benötigen. Sonst könnte auch die Natrium-Borat-Fritte (Nabofritte) genommen werden. Dann ergäbe sich folgender Versatz:
- 42,20% Nabofritte
- 21,34% Kaolin
- 5,14% Zinkoxid
- 14,24% Kalkspat
- 17,08% Quarz.
Die Glasur kann beliebig gefärbt werden. Sie ist wegen ihres hohen Kaolingehalts besonders günstig. Eine Schrumpfglasur bei höherer Temperatur auf dem sinternden Scherben kann wie die von Stoob empfohlene Glasur zusammengesetzt sein:
- 16,67% Kalkspat
- 33,33% Quarz
- 50,00% Kalifeldspat.
Die berechnete Schmelztemperatur beträgt 1234°C, die Oberflächenspannung 337 m/Nm.
Sie könnte aber erhöht werden, indem man anstatt Kalifeldspat Natronfeldspat und anstatt Kalkspat Magnesit verwendet. Außerdem enthält sie keinen Kaolin und ist deshalb zum Auftragen ungünstig. Bei der selben Schmelztemperatur würde man dann folgenden Versatz für eine glänzende Glasur erhalten:- 31,91% Natronfeldspat
- 6,67% Magnesit (kaustisch)
- 3,87% Lithiumkarbonat
- 2,10% Kaolin oder Bentonit
- 55,44% Quarz.
Hier wurde das Lithiumkarbonat verwendet, um die Schmelzbarkeit, die der eingebrachte Kaolin erhöhte, wieder auf den alten Wert zu bringen. Ein anderer Alkalirohstoff stünde nicht zur Verfügung, denn die Erhöhung des Natronfeldspats würde gleichzeitig Tonerde und Kieselsäure erhöhen und das Mattwerden fördern. Diese Glasur kann durch Zinnoxid weiß getrübt werden bei etwa gleicher Schmelztemperatur:
- 29,18% Natronfeldspat
- 6,10% Magnesit (kaustisch)
- 3,54% Lithiumkarbonat
- 1,92% Kaolin oder Bentonit
- 50,70% Quarz
- 8,56% Zinnoxid.
Man erhält ein noch besseres Ergebnis, wenn man anstatt des Natronfeldspats die Alkalifritte M1233 verwendet. Dann lässt sich nämlich der Kaolingehalt erhöhen, ohne dass die Glasur matt wird, und der hohe Kaolingehalt trägt auch zum Sämigwerden der Glasur, zur Schollenbildung und zur Zähflüssigkeit bei:
- 16,40% Alkalifritte M1233
- 4,91% Magnesit (kaustisch)
- 3,44% Lithiumkarbonat
- 15,53% Kaolin
- 51,39% Quarz
- 8,32% Zinnoxid.
Die Schmelztemperatur beträgt 1246°C, die Oberflächenspannung 354 m/Nm.
Die Alkalifritte würde es auch erlauben, das Lithiumkarbonat wegzulassen. Das ergäbe eine Glasur für 1220°C mit einer gegenüber der Stoobglasur etwas erhöhten Oberflächenspannung (340) und mit so viel Kaolin, dass sie sämig wäre und sich gut auftragen ließe:- 37,72% Alkalifritte M1233
- 5,26% Magnesit (kaustisch)
- 11,10% Kaolin
- 19,47% Zinnoxid
- 35,44% Quarz.
Dieses Ergebnis ist zufriedenstellend.
Schrumpfglasuren, bei denen Unterlage und Glasur verschieden gefärbt sind, nennt man Schlangenhautglasuren. Die Unterlage braucht keine Unterglasur zu sein. Man kann auch den Scherben färben, eine farbige Engobe verwenden oder Majolikafarben auftragen, die günstig sind, weil sie ein wenig glänzen. Bei der Verwendung einer Unterglasur können freilich die Glasurpolster einsinken, was nur so zu erreichen ist.
Die Anschaffung der Nabofritte und der Alkalifritte M1233 empfiehlt sich auch in den meisten anderen Fällen. Sie sollten zur Standardausrüstung gehören, wenn man sich mit Glasurentwicklungen beschäftigen will.- Lichtempfindliche Glasuren
In dem „Lexikon der Keramik und Töpferei“ von Frank und Janet Hamer werden unter dem Stichwort „Phototropie“ lichtempfindliche Glasuren auf der Grundlage von Rutil oder Titanoxid mit einer kleinen Menge Rutil (zusammen 15%) beschrieben. Diese Minerale sind deshalb günstig, weil sie als Oxide leicht Kristallkeime bilden. In den anderen hier beschriebenen Fällen erfolgt die Keimbildung durch Edelmetalle. Bei der mit Titanoxid erzielten Lichtempfindlichkeit werden durch die UV-Strahlung des Sonnenlichts Verfärbungen ausgelöst. Jede andere energiereiche elektromagnetische Wellenstrahlung kann zu ähnlichen Effekten führen. Die Ursache dieser „Solarisation“ (le soleil = die Sonne) ist die Mehrwertigkeit der in der Glasur vorhandenen Titan- und Eisenionen, die mit der Wertigkeit die Farbe ändern. Unter dem Einfluss des Lichts werden Elektronen freigesetzt, so dass die dreiwertigen Ionen des Titans in das stark UV-absorbierende vierwertige Titan und die in geringer Menge vorhandenen zweiwertigen Ionen des Eisens in das ebenfalls stark UV-absorbierende dreiwertige Eisen überführt werden.
Erstmalig ist die Abhängigkeit der Farbe vom auftreffenden Sonnenlicht 1825 von Michael Faraday beobachtet worden. Seine Versuche sind in dem Buch „Experimentelle Untersuchungen über das Verhalten von Gold (und anderen Metallen) zum Licht“ (Akad.Verlagsges. Leipzig 1925) beschrieben. Er arbeitete mit polarisiertem Licht und mit Blattgold versehenem Glas. Er stellte fest, dass sich die Farbe je nach der Lage zum Lichtstrahl von Rot in Blau veränderte. Eine erste Interpretation dieser Vorgänge sowie die Entdeckung der Tatsache, dass durch Solarisation verfärbtes Glas durch Temperaturbehandlung auf 352°C wieder regeneriert werden kann (wie ich es in meinem Buch „Abenteuer Erde und Feuer“ auf Seite 30 beschrieb) geht auf J.T.Pelouze 1867 („Traité de chimie générale“) zurück. Dessen grundsätzliche Erklärung hat der Darmstädter Silikatforscher Woldemar Weyl (der 1936 Deutschland verließ und in die USA übersiedelte) durch die Ionenübergangsreaktionen präzisiert. Er leitete von 1926 bis 1936 den Bereich „Glasforschung“ im Kaiser-Wilhelm-Institut für Silikatforschung (dem späteren Max-Planck-Institut) und war einer der ersten neuzeitlichen Wissenschaftler, die sich mit der Photosensibilität von Gläsern beschäftigten.
Im Gegensatz zu den lichtempfindlichen Glasuren haben lichtempfindliche Gläser eine große wirtschaftliche Bedeutung, die sich in zahlreichen Patenten niedergeschlagen hat. Allein der Direktor der Grundlagenforschung der Corning Glass Works im Staate New York, S. Donald Stookey, verfügte auf diesem Gebiet mit seinen technisch verwertbaren Folgerungen über 15 US-Patente, 3 deutsche Patente, 8 englische, 3 indische und ein kanadisches Patent, zusammen mit W.C. Armistead ein deutsches, Armistead selbst hat ein kanadisches und ein US-Patent. Das erste US-Patent stammt von R.H.Dalton aus dem Jahr 1937. Die keramische Industrie hat an lichtempfindlichen Glasuren kein Interesse; deshalb sind sie von Forschungsmitteln ausgeschlossen. Die Keramiker müssen sich also selbst helfen; sie können aber von den Ergebnissen der industriellen Forschung profitieren.
Die Veränderungen von Glasuren durch Strahlen können sehr vielfältig sein. Für die Keramik kommen nicht nur die Verfärbungen unter der Einwirkung von Licht des sichtbaren Bereichs des Spektrums in Frage, sondern auch Belichtungen durch UV-Strahlen, die zu bleibenden Effekten führen. Unter dieser Voraussetzung könnten Forschungsergebnisse mit Gläsern auf Glasuren für dekorative Zwecke übertragen werden. Diese Gläser besitzen bis zu 75% SiO2, bis zu 2% Al2O2 und als Flussmittel bis zu 20% Na2O oder K2O und bis zu 10% CaO, PbO, ZnO oder CdO. Sie müssen 0,05 bis 0,3% Kupfer-, Silber- oder Goldverbindungen und außerdem bis zu 0,05% Ceroxid (CeO2) und bis zu 0,2% Zinnoxid (SnO2) enthalten. Sie können im Elektroofen geschmolzen werden. Eine solche Glasur kann mit einer Schriftschablone oder einem Fotonegativ abgedeckt und anschließend mit UV-Licht bestrahlt, danach getempert (langsam über längere Zeit niedrig erhitzt) werden. Die in diesem thermischen Entwicklungsprozess erzeugbaren Bilder können nicht wieder entfernt werden. Hierbei handelt es sich um eine Photosensibilität durch sich bildende Silber- oder Goldkolloide, die durch die UV-Bestrahlung bis zum Metall reduziert wurden („Fotoreduktion“).
Ein ähnlicher Vorgang ist bei der Rotfärbung von goldhaltigen Glasuren durch Anlassen (d.h. durch gesteuerte Abkühlung)in der Keramik bekannt.
Hierbei werden durch geeignete Rohstoffe und Feuerführung die im Glas befindlichen Goldionen zu metallischem Gold reduziert, das in der Glasur nur äußerst gering löslich ist und deshalb Kristalle von kolloider Größe bildet. Die Größe der Kolloide ist für die Farbe verantwortlich.
Es handelt sich also, anders als bei der Solarisation, um zwei Vorgänge: um die Reduktion in den metallischen Zustand und um Kristallisation.
Die Reduktion besteht(ähnlich wie es in der Keramik bei der „inneren Reduktion“ bekannt ist) darin, dass der Sauerstoff dem Metalloxid entrissen wird und dem anderen Oxid zugute kommt, während das Metalloxid in die metallische Form übergeführt wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Silberoxid gemeinsam mit Ceroxid (beides in geringen Mengen, wie oben angegeben) in der Glasur enthalten ist, wobei das dreiwertige Cer in ein vierwertiges und das einwertige Silberoxid in Metall verwandelt wird. Das heißt, es bildet sich atomares Silber, das sich beim Erwärmen des Glases zu Kristallen kolloider Größe zusammenlagert. Durch diese Behandlung eines solchen photosensitiven Glases ist es möglich, in Gläsern Bilder zu erzeugen, da das atomare Silber nur an der Stelle der Belichtung erzeugt wird. Mit Silber werden gelbe, mit Gold oder Kupfer rote Färbungen erzielt.
Ein zweites Verfahren besteht nicht in der Bildung von Metallkolloiden, sondern von partiell kristallisierenden Lithium- und Bariumsilikaten. Die Zusammensetzung dieser Gläser (die man wiederum auf die Glasuren übertragen könnte) besteht aus 70-85% SiO2, 5-25% Li2O und/oder 3-45% BaO und geringen Zusätzen von Alkali- und Erdalkalioxden, Tonerde und Borsäure. Zur Kristallkeimbildung dienen 0,001-0,3% Kupfer-, Silber oder Goldchlorid sowie 0,005-0,05% Ceroxid (CeO2). Die Kristalle, die sich auch hier im thermischen Entwicklungsprozess an den mit UV-Licht belichteten Stellen bilden, sind Lithiumdisilikatkristalle (Li2O·2SiO2). Diese Partien erzeugen wie bei der Photosensibilität durch Metallkolloide durch Auflegen von Negativen ebenfalls Bilder im Glas, und sie lassen sich auch leicht herausätzen, um Vertiefungen, Reliefs oder Durchbrüche zu erzeugen. Dieses „photochemische Stanzen“ bildet das von den Corning-Glaswerken verwendete „Fotoform“-Verfahren zur Herstellung von Rastern und Sieben von großer Maßgenauigkeit, die in der Fernsehaufnahmetechnik eine große Rolle spielen. Dieses Verfahren ist Stookey 1959 zu verdanken. Die Weiterführung durch eine zweite Temperung und Kristallisation ergibt die „Fotoceram“-Produkte, für die sich die Bezeichnung Glaskeramik durchgesetzt hat. Das sind komplizierte keramische Miniaturbauteile höchster Präzision für die Elektronik und Elektrotechnik. Mitihrer geringen thermischen Ausdehnung haben sie eine hohe Temperaturwechselbeständigkeit, die sie auch für Tafel- und Kochgeschirr geeignet macht.
Alle Verfahren mit Fotoreduktion und gezielter Kristallisation sind prinzipiell auf Glasuren übertragbar und können eine neue Sparte der experimentellen Glasurforschung darstellen. Dazu ist hier der Rahmen abgesteckt.© 2010 - 2023 Gustav Weiß